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Bereich in dem die Gäste wohl aßen – langer Gang, links und rechts Tische und Stühle, gleichförmig, dazwischen manchmal eine Kommode mit Plastikblumen.
Eine Tür führte von dem Korridor in einen weiteren Raum. Er sah jemanden im Rahmen der Tür stehen, dieser stützte sich mit beiden Händen auf einen Stuhl und schien fröhlich mit mehreren Leuten zu sprechen. Genau konnte es Leander von hier aber nicht erkennen.
Er sah nicht aus wie ein Kellner, aber auch nicht wie ein Gast. Als hätte er den Blick von Leander bemerkt, drehte sich der Besitzer kurz zur Seite, schien sich zu verabschieden und kam dann zu Leander.
„Ich hoffe, ich habe Sie nicht zu lange warten lassen – war meine Frau bei Ihnen?“ „Nein, ich...“ „Maria!“, rief der Mann. „Oh, hab mich noch gar nicht vorgestellt. Idid. Pascal Idid. Sie sind der Schätzer, oder?“ Leander nickte. „Wie lang bleiben Sie hier eigentlich? Die Firma sagte bis Samstag.“ „Vielleicht etwas länger – nicht viel länger, aber ein bisschen möglicherweise.“ „Oh“, sagte der Besitzer tonlos und schien etwas hinzufügen zu wollen, doch dann brach er seinen Gedanken ab. „Maria, da bist du ja. Darf ich vorstellen – meine Frau; Maria.“ Leander drehte sich um und sah in das Gesicht einer Frau Anfang der Dreißiger. Seine Frau? Der Besitzer war um die sechzig Jahre alt, aber es schien eines dieser Paare zu sein.
„Unser Gast – Herr Tremens, der Schätzer“, sagte der Besitzer und sie schaute ihn fast unterwürfig an.
„Ich erledige das sofort“, sagte sie. Herr Idid nickte Leander noch zu und ging dann wieder. „Kommen Sie mit, Herr Tremens – man hat uns über Ihre Ankunft informiert“, sagte die Frau des Besitzers. „Mein Koffer steht noch an der Rezeption, ich werde ihn schnell...“ „Nein, das mach ich, warten Sie hier.“ Keine Minute später kam sie zurück, den Koffer im Schlepptau und zeigte auf einen Nebengang – jener, aus welchem sie gekommen war. „Folgen Sie mir.“ Leander lief ihr hinterher. Der kurze Gang führte zu den Toiletten, dann weiter zu einer Milchglastür.
Hinter der Tür war eine Treppe, die nach oben führte. Bis zum Ende des Ganges gingen sie, als sie oben angekommen waren, dann schloss sie eine Tür auf. „Fühlen Sie sich wie zu Hause“, sagte sie und ließ Leander vorbei. Ein großes Zimmer mit Aussicht auf andere Häuser und ein paar Gärten, ebenfalls ein kleines Bad – sogar mit Badewanne, wie Leander erstaunt feststellte. In einem bestimmten Winkel hatte er auch Blick auf das Klostergebäude. „Falls Sie irgendetwas brauchen – geben Sie nur Bescheid.“ Leander nickte und die Frau gab ihm den Zimmerschlüssel. „Vielen Dank“, sagte Leander. „Möchten Sie noch etwas essen?“ „Danke, aber ich werde mich gleich hinlegen-“ „Dann schlafen Sie gut“, sagte die Frau lächelnd „Werde ich. Sie auch“, gab er zurück und sah zu wie die Frau die Tür schloss.
Während im Fernsehen ein Programm für geistig Retardierte lief, wurde er immer und immer müder, bis er schließlich einschlief.
„Der Hotbutton brennt! Rufen Sie jetzt an. Das könnte ihre Chance auf 200€ sein!“, schrie ein übereifriger Moderator und weckte Leander unsanft. Es war nicht einmal sieben Uhr.
Wer schaut sich so etwas um diese Uhrzeit an, dachte er. Wer schaut sich überhaupt so etwas an, fügte er noch in Gedanken hinzu, schaltete den Fernseher aus und zog sich an.
Heute würde er zum Kloster fahren und die ersten Schätzarbeiten durchführen. Ein erster Eindruck quasi. Unten gab es ein reichhaltiges Frühstücksbuffet. Während er zwei Brötchen mit Käse, einen frischen Orangensaft und ein Croissant bearbeitete, beobachtete er aus dem Augenwinkel die wenigen anderen Gäste. Eine kleine Familie. Wenn er sich nicht irrte, konnte er die Stimmen von gestern ausmachen, mit welchen der Besitzer gesprochen hatte. Dann noch ein älterer Mann und zwei junge Frauen – vermutlich Studentinnen, schätzte er. Aus dem Radio kam ruhiges Gedudel. Als er sich gerade aufsetzen wollte, um noch einmal nach oben zu gehen, bevor er von dem Fahrer abgeholt werden würde, kam der Besitzer auf ihn zu.
„Guten Morgen.“ „Ja?“ „Ich soll Ihnen etwas von Herrn Dano etwas ausrichten.“ „Was gibt es?“ „Im gestrigen Sturm ist die Straße zum Kloster blockiert worden – man schätzt, dass es erst morgen wieder frei sein wird.“ Alles verzögerte sich. „Danke... Danke für die Information“, sagte Leander, kräuselte seine Lippen und ging nach oben. Während er nachdachte, ließ er sich von dem redundanten Vormittagsprogramm berieseln.
Nur zweimal schaute er wirklich zum Fernseher – jeweils eine kurze Bildstörung, das Bild war schnell nach hinten gezuckt und ein orangener Farbstich, der sich allerdings nach einigen Sekunden wieder verflüchtigte, hatte sich auf das Bild gelegt. Es irritierte ihn etwas, aber er tat es als unwichtig ab.
Er musste trotz des Sturms erste Informationen sammeln. Im Rathaus und in der Bibliothek würde er beginnen. Er packte Stift und Schreibblock, ging nach unten, sprach noch einmal mit der Frau des Besitzers und ließ sich die Abfahrtzeiten des Busses beschreiben, sowie die Haltestellen an denen er aussteigen müsste. „Das Rathaus macht allerdings erst in zwei Stunden auf“, fügte sie noch hinzu. Also zuerst zur Bibliothek. Gemütlich ging er zu der Haltestelle, bei der der Bus kurz darauf auch hielt.
„Guten Tag, ich bräuchte eine Tageskarte in die Innenstadt.“ „Tag auch“, sagte der Busfahrer drückte ein paar Tasten und das Gerät spuckte einen Fetzen Pappe aus. „Macht 2,10.“ Die Fahrt dauerte nicht lange und er stieg bei der winzigen Stadtbibliothek aus.
Als er hinein ging, fiel ihm direkt eine dickliche Frau mit Hornbrille auf, die gerade ein paar Bücher sortierte.
„Entschuldigen Sie“, sagte Leander und die Frau drehte sich um. „Hallöchen. Was kann ich für Sie tun?“ „Frau...“, Leander riskierte einen Blick auf das schiefe Namensschild, „Frau Verilo – ich bräuchte Bücher über das Klostergebäude.“
Die Bibliothekarin runzelte die Stirn. „Sie kommen nicht von hier, oder?“, fragte sie in einem merkwürdigen Tonfall. Leander schüttelte den Kopf. „Nun, Ich bin Schätzer; soll das Kloster schätzen – nun, also, haben Sie irgendetwas über das Kloster; Informationen?“ „Lassen Sie mich mal überlegen“, sagte die Frau. „Hinten müsste etwas sein – schauen Sie mal. Gehen Sie ganz durch, da irgendwo.“
Leander hatte inständig gehofft, direkt zu den Büchern geführt zu
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Danke an Zoe Achilles, die die Abtteile geschrieben hat.