Alles um ihn verschwamm in einem rot unterlaufenen Nebel. Die Stimmen seiner Schwester und seiner Stiefmutter nahm er kaum noch wahr. All seine letzte Kraft brachte er auf, um sich wieder auf die Beine zu stellen. Nicht länger wollte er die Grausamkeiten erdulden, doch ehe er etwas dagegen ausrichten konnte, traf ihn ein weiterer Schlag am Kopf.
Tränen quollen aus ihm wie kleine Bäche, hinweg flossen der Schmerz der Erinnerung an letzte Nacht. Seine Schwester wachte nicht mehr auf. Regungslos und kalt lag ihr kleiner Körper in seinem Schoß; nur zu gut wusste er, was ihre Stiefmutter ihr angetan hatte.
Grenzenloser Hass erfüllte ihn; nicht minder schwer wogen seine Schuldgefühle. Weil er ihr nicht geholfen hatte, war seine Schwester jetzt tot, und bestimmt war er bald der Nächste. Von Anfang an hatte ihre Stiefmutter sie beide nicht ausstehen können, von Beginn an hatte sie nur darauf gewartet, sie loszuwerden. Doch so lange ihr Vater noch am Leben gewesen war, hatte sie es nicht gewagt, ihnen auch nur ein Haar zu krümmen.
Die Tür fiel ins Schloss – sie war wieder Zuhause. Behutsam hob er seine Schwester in ihr Bett und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. Er musste es tut, was er anschließend tat, er konnte nicht anders. Wie hätte er sich anders noch helfen sollen?
In ihren Gedanken versunken eilte die Stiefmutter die Stiegen hinauf in den ersten Stock, als er ihr wie aus heiterem Himmel entgegenstürmte. Sie versuchte, sich noch am Brückengeländer festzuhalten, ein weiterer Stoß reichte jedoch aus, dass sie jegliches Gleichgewicht verlor und all die Treppen wieder hinunterstürzte. Blut floss aus ihrem Kopf wie aus seinem Herzen. Geprägt war er von nun an für sein ganzes Leben; bei jedem nur als der bekannt, der als kleiner Junge seine Stiefmutter getötet hatte.