Seiten
Es war der 14. März 1701, ein wunderschöner Morgen,
als mein Daimyo Asano mit seiner Gattin und uns, wir waren 47 Samurai, über den
Hof des Shogun Tsumayoshi spazierte. Asano war ein Mann, der stolz auf uns sein
konnte und stolz auf uns war, sodass wir fast in seine Familie gehörten.
Asano winkte mich zu sich.
„Niikara...ich würde dir sehr dankbar sein, wenn du mal den Zeremonienmeister
Kira Kotsuke im Augen behalten würdest. Ich habe ihn gestern beobachtet wie er
lüstern meiner Gattin nachsah. Ich möchte sie nicht beunruhigen und ihr den
Aufenthalt so angenehm wie möglich machen.“
Ich verbeugte mich und drosselte etwas mein Tempo um so lange wie möglich bei
dem Tempel zu bleiben um den Zeremonienmeister, der im Tempel weilte, gut
beobachten zu können.
Er tat nichts verdächtiges. Kotsuke betete im Stillen, sodass ich mich auch
etwas in meine Seele zurückzog, aber trotzdem blieb ich wachsam. Das Treiben
auf dem Hofe war sehr groß, da Kotsuke einige seiner Freunde zu einem
Abendessen eingeladen hatte. Asano war ebenfalls geladen. Als ich mich gerade
etwas entspannen wollte, trat die Gattin meines Herren aus einem anderen
Tempel. Mit meinen Blicken heftete ich mich an sie. Risa Takeda war ihr Name.
Takeda, eine hübsche 20-jährige Frau, die jeder von uns sehr mochte. Takeda war
mal eine Geisha gewesen und ich erkannte sie sofort wieder, als Asano sie
vorstellte. Es war nicht sehr lange her gewesen, da hatte ich Takeda, noch als
Geisha tätig, besucht.
Takeda lag mir sehr am Herzen auch wenn ich es
nicht zugeben durfte. Ich sehnte mich des öfteren nach ihr, doch sie blieb mir
verwehrt, denn ihr Herz gehörte Asano. Mein Herz begann schneller zu schlagen,
als ich bemerkte, dass Takeda auf mich zu kam, doch bald besann ich mich meines
Standes und mahnte mich zur Selbstbeherrschung. Takeda trug ihre schwarzen
Haare hochgesteckt, sodass ihr betörendes Gesicht ohne Schatten von der Sonne
beschien wurde.
„Niikara, was machst du hier?“, fragte mich Takeda.
„Ich wollte hier ein bisschen ruhen, aber warum bist du nicht bei Asano?“
Takeda lächelte leicht.
„Ich muss noch mit dem Zeremonienmeister etwas wegen dem heutigen Abendmahl
besprechen.“
Ich nickte und trat ein Schritt zurück um Takeda zu bedeuten, dass ich nichts
weiter von ihr wollte. Takeda verbeugte sich und ich tat es ihr etwas tiefer
verbeugt gleich. Natürlich wurde die Situation für mich sehr interessant. Kotsuke
erhob sich von seinem Gebet und empfang Takeda mit lüsternen Blicken, die
selbst der blindeste Weise auf dieser Welt erkannt hätte. Das reichte mir
völlig, sodass ich lautlos verschwand um Asano Bericht zu erstatten. Mein
Daimyo saß in seiner Kammer und schrieb etwas auf ein Blatt Papier. Tief
verneigt wartete ich, dass er mich bemerkte. Asano hob seinen Blick.
„Was gibt es Niikara?“ Asano legte sein Blatt zur Seite. „Jetzt setz dich erst
mal zu mir.“
Dankbar ließ ich mich nieder. Asano war ein bewundernswerter Fürst, den ich
über alles liebte und verehrte. Mit ihm in einem Zimmer zu sitzen, war
unglaublich und der Gedanke für einmal zu sterben erfüllte mich mit einer
angenehmen Erregung.
„Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie deine Gattin von Kotsuke betrachtet
wurde. Seine unwürdigen Blicke entblößten sie fast.“
„Was wollte Risa bei ihm?“
„Sie sagte mir, dass sie etwas wegen dem Abendmahl klären müsse.“
Asano wog seinen Kopf bedächtig hin und her, dann überlegte er lange. Gespannt
wartete ich auf seine Entscheidung.
„Warten wir den heutigen Abend ab.“
Gegen Abend nahmen Asano, Kotsuke und Asanos Gattin das Essen ein. Wir saßen
draußen im Gras und erzählten uns Geschichten, die wir von anderen Leuten
gehört hatten. Als die Sonne langsam hinter dem Horizont verschwand, trat
Takeda aus dem Tempel. Sie war wunderschön anzusehen. Ihre Haare waren diesmal
offen und ein paar Strähnen wehten in ihr junges Gesicht. Ich selbst war erst
25 Jahre alt. Takeda trug mehrere Schüsseln Reis. Jeder von uns betrachtete sie,
wobei wir uns gegenseitig ermahnten nicht zu lüstern zu schauen. Takeda sah zu
mir und ein sanftes Lächeln umspielte ihre rot geschminkten Lippen. Mein
Gesicht blieb reglos, doch sie wusste genauso gut wie ich, dass ihr Lächeln
mein Herz schneller schlagen ließ. Takeda verbeugte sich vor uns.
„Lasst es euch gut schmecken.“
Wir nickten und beobachteten, dass Takeda den Park ansteuerte. Ein ungutes
Gefühl ließ mich ebenfalls aufstehen. Niemand fragte nach, wohin mich mein Weg
führen würde, da ich ein ehrbarer Samurai, wie die anderen auch, war. Ich sah
die Gattin meines Daimyos im Schatten eines Baumes verschwinden. Meine Hand lag
schon am Schaft meines Katanas, als plötzlich ein lautes Aufstöhnen ertönte.
Ich rannte schnell durch den Park, ignorierte die Dornen, die sich in mein
Gesicht bohrten und blieb keuchend im Zentrum des Parkes stehen. Oishi, der
älteste Samurai, sprang neben mir aus dem Dickicht. Es folgten 20 andere
Samurai. Niemand hielt sein Katana in der Hand, da es verboten war. Ich spürte
mein Herz, dass zwei Schläge aussetzte. Vor mir stand mein Fürst mit gehobenen
Katana. Vor ihm kniete Kotsuke mit einem langen tiefen Kratzer an der Stirn.
Takeda umklammerte Asano und wimmerte leise.
„Oishi...bitte nimm mein Daisho“, bat Asano.
Hiermit waren wir Ronin. Ein schreckliches Gefühl. Ich hatte jeden halt und
jeden Sinn meines weiteren Lebens verloren. Nur eine Rachetat konnte mich noch
erquicken. Asano nahm Takeda bei der Hand und drückte ihr einen Kuss auf die
Stirn.
„Geh mein Kind. Geh zu Niikara.“
Takeda wollte nicht gehen, doch Asano schob sie zu mir. Das zerbrechliche
Mädchen in meinen Armen haltend musste ich darauf achten nicht selber zu Grunde
zu gehen. Ich strich tröstend über Takedas Haar und hielt mir meine Tränen nur
schwer zurück.
Ahnend was für eine Zeit auf sich und seine Leute zu kommen wird, nahm Oishi
das Daisho entgegen. Eine kurze Zeit später sah ich zwei Gestalten eilig auf
uns zu kommen. Es waren der Shogun Tsumayoshi und Mijamoto, ein Samurai von
uns. Tsumayoshi sah fassungslos in die Runde und schüttelte schwer seinen Kopf.
„Asano“, seufzte er bestürzt. „Was hast du getan?“
„Dein Zeremonienmeister hat meine Gattin nachgestellt und ich verlor meine
Kontrolle.“
„Ich werde dich vor das Gericht bringen müssen.“
Asano nickte. Seine Haltung war aufrecht, als wir zu unseren Kammern
zurückkehrten. Es war ruhig, nur das leise Schluchzen von Takeda, die ich immer
noch bei mir hielt, durchbrach diese bedrückende Stille. Ich beobachtete
Kotsuke, der etwas ratlos und etwas ängstlich uns Ronin betrachtete. Ihm war
klar, dass er ab jetzt um sein Leben bangen konnte und er bangte wie ein
ängstliches Kaninchen.
Am Tempelkomplex angekommen, trat Oishi an meine Seite. Takeda stand noch in
meiner Nähe, doch sie war zu sehr mit ihrer Trauer beschäftigt, als das sie was
hören könnte, was mein Anführer
©Giulia Strek/ 2007
Diese Geschichte ist eine Nacherzählung einer japanischen Legende von den 47 Samurai.