Leben ist durch Reproduktion definiert. Zunächst teilt sich eine in ihrer Umwelt erfolgreich stoffwechselnde Zelle nach Erreichung eines entsprechenden Zustands. Danach sind alle existierenden Zellen Clones der Ursprungszelle.
Durch Mutation entstehen neue Zellpopulationen, die bei Änderung der Umwelt erfolgreicher sein können, als die alten Zellstrukturen und diese verdrängen.
Wenn die Umwelt wieder in den ursprünglichen Zustand zurückkehrt, kann es sein, daß die neue Zellstruktur dafür nicht geeignet ist und deshalb das Leben untergeht. Eine Mutation darf also die ursprüngliche Struktur nicht verdrängen, sondern sie muß in diese integriert werden. Dann kann das Leben nach Rückkehr der Umwelt in den alten Zustand weiter existieren.
Wenn eine Zelle für die Teilung reif ist, vereinnahmt sie sich eine andere, um deren Struktur in die eigene zu integrieren und sich so für ihre Teilungsprodukte zusätzlich für das Überleben wertvolle Eigenschaften anzueignen. Eine derartige Zelle ist weiblich, die vereinnahmte Zelle männlich. Die Teilungsprodukte sind jetzt neue Lebewesen und keine Clones mehr. Die Ursprungszelle als solche verschwindet und lebt auch in den neuen Lebewesen nicht als Clone weiter. Das widerspricht aber jedem individuellen Überlebenswillen.
Deshalb vereinigt sich eine Gruppe von Clone-Zellen zu einem höheren Lebewesen und delegiert die Fortpflanzung an ihre Geschlechtszelle. Wenn diese befruchtet wird, wird sie abgestoßen und bildet durch Teilungen ein neues Lebewesen. Das ursprüngliche Lebewesen lebt weiter und ersetzt die abgestoßene Geschlechtszelle.
Die Entwicklung des Lebens führt zu immer größeren Anhäufungen von Zellen mit Zellgruppen für spezifische Aufgaben. Nur die Geschlechtszellen erfüllen noch die ursprüngliche Teilungs-Funktion. Die übrigen Zellen dienen dem Nahrungserwerb und Überlebenskampf zum Erhalt des Lebewesens und zur Produktion neuer Geschlechtszellen.
Die weiblichen Geschlechtszellen beherrschen weiterhin die Zellteilung. Männliche Lebewesen produzieren Geschlechtszellen, nur damit diese von den weiblichen Geschlechtszellen integriert werden.
Zur Vereinigung von weiblicher und männlicher Geschlechtszelle hat das Leben im Pflanzen- und Tierreich mannigfache Techniken entwickelt.
Das Geschlecht bestimmt den Charakter eines Lebewesens. Sich in Samenzellen anstelle von wachstumsfähigen Eizellen zu verewigen, hat metaphysische Dimension. Eine Eizelle ist prinzipiell in Clones überlebensfähig, der männliche Samen braucht immer einen weiblichen Schoß.
Das menschliche Geschlechts-Schicksal wird in der sechsten Schwangerschaftswoche entschieden. Die grundlegend weibliche Struktur wird dann in die männliche umgewandelt. Man begreift diese Radikalität, wenn die Umwandlung erst später im bewußten Leben geschehen würde.
Über die Geschlechtszellen hinaus gibt es makroskopische Unterschiede der beiden Geschlechter. Der weibliche Körper muß das Kind tragen, gebären und versorgen und die Kommunikation mit dem Kind gewährleisten, der männliche Körper muß die Nahrung beschaffen und das Revier verteidigen mit der dafür spezifischen Kommunikation.
Auch wenn keine Geschlechtszellen mehr gebildet werden, dient der weibliche Körper noch der gesellschaftlichen Sicherung der Kinder und Kindeskinder. Der männliche Körper hat nach der Samenbildung nur noch marginale Bedeutung.
Vom gesellschaftlichen Sinn des Lebens.
Nach dem gesellschaftlichen Sinn fragen ist nach sich selbst in Bezug auf die anderen fragen.
In Bezug auf die anderen ist einer Mann oder Frau. Einer ist Kind, Jugendlicher, Erwachsener, alter Erwachsener, Greis, in Bezug auf Geschlecht und Lebensalter der anderen.
Einer ist ein männlicher Erwachsener in Bezug auf einen anderen männlichen Erwachsenen oder ein männlicher Erwachsener in Bezug auf eine weibliche Erwachsene. Er ist ein männlicher Erwachsener in Bezug auf alte männliche und weibliche Erwachsene, auf männliche und weibliche Greise, auf männliche und weibliche Jugendliche und auf männliche und weibliche Kinder.
Dafür wird ein Umfeld von Menschen aller Lebensalter vorausgesetzt. Es muß jederzeit Kinder geben. Deshalb sind weibliche Erwachsene unumgänglich nötig. Nur sie garantieren Nachwuchs.
Weibliche Jugendliche können das frühgeburtliche Menschenkind nicht sicher am Leben halten und alte Frauen bekommen keine Kinder.
Aufgabe der weiblichen Jugendlichen und der alten Frauen ist die Aufzucht der Kinder.
Der männliche Erwachsene hat keine herausgehobene Stellung. Das Weiterleben der Menschheit kann auch durch männliche Jugendliche, alte Erwachsene und sogar Greise gesichert werden.
Im gesellschaftlichen Zentrum steht die weibliche Erwachsene mit dem Lebenserhalt des Säuglings. Die weitere Aufzucht betreiben die weiblichen Jugendlichen und alten Frauen.
Nach Austragung, Geburt und Lebenserhaltung der eigenen Säuglinge gewinnt die alte Frau ihr Ansehen aus der Organisation der vielfach vernetzten Frauen-Gemeinschaft.
Nach der Entwöhnung eines Säuglings wird die erwachsene Frau zur Liebesgöttin. Der Mann kann sich nur in ihr erfüllen.
Frauen und Männer leben in getrennten Welten. Im empfängnisbereiten Zustand überwindet die Erotik der erwachsenen Frau die Schranken zwischen den Geschlechtern.
Die Gemeinschaft ist ursprünglich promixuativ. Die Frau vereinigt sich mit dem attraktivsten Mann und kehrt gesegnet in die Frauen-Gemeinschaft zurück.
In der Pubertät muß der männliche Jugendliche die Frauen-Gemeinschaft verlassen. Er darf die Männer nicht um den Lohn ihrer Anstrengungen bringen.
Bei wachsender Bevölkerung bringt Promixuativität Unruhe in die Gesellschaft.
Wenn in friedlichen Verhältnissen die meisten Männer überleben, wird jeder Frau ein Mann zugeordnet, der sie schwängert, sobald ein Säugling entwöhnt ist.
Das Sakrament der Ehe zügelt den Zug der Frau zum erfolgreichsten Mann.
Die weiblichen Jugendlichen und alten Frauen bestimmen dann nicht mehr das gesellschaftliche Leben. Sie können nur noch in der Familie wirken. Die männlichen Jugendlichen werden aus dem Umfeld der Frauen entfernt. Sie kommen in die Ausbildung, zum Militär und schließlich in die Industrie.
Die weibliche Gesellschaft wird von der Männer-Horde abgelöst.
Heute entsteht die weibliche Gesellschaft neu. Die erwachsene Frau kann ohne Männer für sich und das Kind sorgen. Kinderkrippen, Kindertagesstätten und Schulwesen übernehmen die traditionelle Rolle der weiblichen Jugendlichen und alten Frauen.
Doch die Männer-Horde entsteht nicht wieder. Nahrungsbeschaffung und Revierverteidigung übernehmen Automaten. Die Menschheit kommt ohne das Männliche aus. Die weibliche Erwachsene ist seit eh und je das Modell der menschlichen Art.
Geschichte der Menschheit.
Jagende und sammelnde Kleingruppe von 30 Individuen mit der erwachsenen Frau als Gebärerin des frühgeburtlichen Nachwuchses.
Wachsende Bevölkerung führt zur Entstehung von neuen Gruppen und Einführung von festen Revieren.
Wenn das Jagdwild das Revier wechselte, konnte man ihm nur in kriegerischer Auseinandersetzung mit der Nachbargruppe folgen. Der Krieg als Angriff oder Verteidigung hat früh-menschheitliche Wurzeln.
Bei Hungersnot infolge Wetteranomalien und Naturkatastrophen kam es ebenfalls zu Konflikten mit den Nachbarn.
Zum Überleben innerhalb eines Reviers entstanden neue Kulturtechniken. Gartenkultur und Ackerbau um den zentralen Siedlungsplatz sowie Jagd im Rest des Reviers beförderten die Entstehung von Frauen- und Männergruppen.
Sesshaftigkeit repräsentiert sich im Revierzentrum. Die Frauengruppe schuf das gesellschaftliche Zentrum, die im umgebenden Revier lagernde Männergruppe blieb den alten Zuständen verhaftet.
Erfolgreiche Jagd verlangt diszipliniertes Verhalten unter Leitung eines Anführers. Dieser hatte auch außerhalb der Jagd das Kommando über die Männergruppe, denn die Aktivität der Männer mußte in geordnete Bahnen gelenkt werden, sei es durch Kampfspiele, durch Festungs- und Kultbauten, durch Raubzüge. Der Anführer der Männergruppe war der ebenbürtige Partner der der Gemeinschaft vorstehenden alten Frau.
Je unwichtiger die Jagd für die Versorgung wurde und je erfolgreicher die Garten- und Ackerbaukultur der Frauen die Versorgung übernahm, desto wichtiger wurde es, die Männer zu beschäftigen. Massenhaft arbeitslos herumhängende Männer führen auch heute wieder zu einer gesellschaftlichen Krise, zu Kriminalität und Terrorismus.
Ein Beschäftigungsproblem gibt es bei Frauen nicht. Sie werden durch Geburt, Versorgung und Erziehung der Kinder hinreichend beansprucht.
Als der Ackerbau auf das gesamte Revier ausgedehnt wurde, wurde dieser zur Hauptbeschäftigung der aus dem Dorf-Zentrum hinausziehenden Männer.
Die Arbeit war erfunden. Macht euch die Erde untertan. Im Schweiße eures Angesichts sollt ihr das Brot essen.
Die alte männliche Lebensweise zwischen tagelanger Jagd und kurzer Ruhe in der Frauengruppe wich dem kontinuierlichen Ackerbau und dem täglichen Dorfleben.
Die Frau wurde an die Ehe und der Mann an die Arbeit gebunden.
Jagd und Feste, die Freuden der Vorzeit, fielen den Potentaten anheim und werden in der Kunst sublimiert.