Mein lieber Christof,
heute ist nun Dein dreiundachtzigster Geburtstag!
Zehn Jahre und ein paar Monate bist Du mir voraus.
Wir beglückwünschen Dich zu diesem Tag.
Wir freuen uns mit Dir.
Wir beglückwünschen Dich von Herzen zu Dir selbst.
Du wirst auch weiterhin unser großes Vorbild sein!
Ich erinnere mich noch gut an die Zeit Anfang Februar 1969 als ich meine Tätigkeit als Fotoknips in der 5. Etage des Hochhauses am Ottoplatz in Deutz antrat.
Mein Arbeitsplatz in den ersten Wochen war ein Couchtisch, ein Stuhl und eine Schreibmaschine.
Meine Tätigkeit bestand vor allem darin, einen Pappkarton voller Glasnegative zu sichten und zu identifizieren.
Und beim obligaten Rundgang durch die Abteilung geriet ich auch irgendwo hinter der Garage in ein Kabuff, da fand sich ein dünner Mensch an dem ein gelbbrauner Kittel herumhing.
Du kennst ihn gut, nicht wahr?
Und ein Tisch war da auch, mit vielen Zeitungsausschnitten...
Zwanzig Jahre waren wir Kollegen, Freunde sind wir immer noch.
Es ist schon faszinierend in der Rückschau.
Es lebe das Langzeitgedächtnis, das uns erlaubt nachzuvollziehen, wie – häufig ohne unser Wissen – die Weichen vom Zufall gestellt wurden.
Manchmal stelle ich mir einen Güterwagen vor, der leicht bergab über das Gewirr von Weichen in einem riesigen Verschiebebahnhof rattert.
Mal geht es schneller, mal langsamer, mal kommt er fast zum Stehen, mal verliert er nahezu seine ganze Ladung, mal kippt er fast aus den Gleisen weil er in der Kurve zuviel drauf hat.
Nicht selten kommt er an umgekippten Wagen vorbei.
Mal wird die Weiche gestellt, wenn er erst mit einer Achse drüber ist – es scheppert grauenvoll, aber es geht weiter, immer weiter...
Faszinierend ist das.
Und in diesem Güterwagen sitzt jemand drin und träumt seine Träume.
Manchmal holt der Wagen einen anderen ein oder von hinten kommt einer, und wenn die Kupplungen zufällig richtig stehen, dann bleiben sie beisammen, wobei mal der hintere schiebt und mal der vordere zieht.
Und in diesem anderen Wagen ist auch jemand, das ist dann eine schöne Sache, obwohl jeder in seinem Wagen bleiben muß, das ist nun mal so eingerichtet und wird schon seinen Sinn haben...
Ja, unsere Wagen fahren nun etwas langsamer, wir haben mehr Zeit hinaus und nach hinten zu schauen.
Zur Seite geht’s auch, nur nach vorn, das ist nun mal so eingerichtet, da wird’s neblig, und überhaupt, was hätten wir davon, wenn wir wüßten, wie es endet?
Nichts!
Nein, überhaupt rein gar nichts hätten wir davon.
Und darum ist das schon mal sehr gut eingerichtet.
Nun, lieber Freund, das sind so die Gedanken, die sich bei solchen Anlässen gelegentlich im Kopf versammeln. Also wünschen wir uns und allen unseren Lieben, daß der jeweilige Waggon auf Kurs bleibt, daß kein Werkstattwagen irgendwo auf der Strecke steht und daß wir der Versuchung widerstehen, unser Gefährt in eine Magnetbahn umzufunktionieren.
Das geht nämlich garantiert in die Hose.
Dieter J