Von stiller Wollust eingeladen
Drang in den Tempel der Dryaden
Mit seinem Mädgen Daphnis ein,
Um zärtlich ohnbemerkt zu seyn.
Des Taxus Nacht umgab den Fuß der Eichen,
Nur Vögel hüpften auf den Zweigen,
Rings um sie her lag feyerliches Schweigen,
Als wären sie auf dieser Welt allein.
Sie sasen tändelnd in dem Kühlen.
Allein, dem Herzen nah, das uns so zärtlich liebt –
Wem Amor solch ein Glükke giebt,
Wird der nicht mehr als sonsten fühlen?
Und unser Paar fieng bald an mehr zu fühlen.
Des Mädgens zärtlich Herz lag ganz in ihrem Blikke,
Halblächelnd nennt sie ihn ihr bestes gröstes Glükke.
Sein Herz von heissem Blut erfüllt
Drükt sich an ihr’s, lässt nach, drükt wieder;
Und wenn das Blut einmal von Liebe schwillt,
Reißt es gar leicht der Ehrfurcht Gränzen nieder.
Konnt’ Daphnis wohl dem Reiz des Busens wiederstehn?
Bey jedem Kuß durchglüht ihn neues Feuer,
Bey jedem Kusse ward er freyer,
Und sie – und sie – ließ es geschehn.
Der Schäfer fühlt ein taumelndes Entzükken,
Und da sie schweigt, da jezt in ihren Blikken
Anstatt der Munterkeit ein sanfter Kummer liegt,
Glaubt er sie auf dem Grad von feurigen Entzükken,
Wo man die Mädgen leicht besiegt.
Sie war an seine Brust gesunken,
Und er zulezt von Wollust trunken
Erbat sich, Amor, Sieg von Dir.
Doch schnell entriß sie sich den Armen,
Die sie umfassten: Aus Erbarmen,
Rief sie, komm, eile weg von hier.
Bestürzt und zitternd folgt er ihr.
Da sprach sie zärtlich: Laß nicht mehr
Dich die Gelegenheit verführen;
O Freund, ich liebe dich zu sehr,
Um dich unwürdig zu verlieren.