Mein Tagewerk ist fast vollbracht
Mein Kleid ist schwer zerschlissen
Irgendwann, da leg ich's ab
Zur stillen Ruh der Nacht
Neblig kühl war dieser Morgen
Mittags kam die Sonne durch
Da sah ich einen Pilgerweg
Und ging mit wenig Sorgen
Das hohe Ziel in Herz und Sinn
Gab Kraft und großen Mut
Ich reiste durch die ganze Welt
Mit innerem Gewinn
Doch unerreichbar jene Stadt
An der mein Sehnen hing
Sie rückte immer weiter fort
Ein Glück, wer Menschen hat!
Sie kam zu mir, erschlug mich fast
Da wurd' ich neu gebor'n
Die Lieder gab sie mir, und ich
War mehr als nur ein Gast
2017
Kommentare
Wie tröstlich, dass auch andere Menschen ähnliche Sehnsucht hatten und ebenfalls zutiefst leidvolle Wege gegangen sind ! Wie dankenswert, dass hier jemand davon erzählt! Wie mutmachend, dass in solchen Lebenskrisen Verwandlung geschehen und Neues aufblühen kann, ja, dass ein Mensch zuletzt in dieser goldenen Stadt seinen Platz findet.
Für diesen Rückblick auf ein seitheriges Leben danke ich von Herzen und hoffe zuversichtlich, dass der Titel noch nicht das Ende dieses reichen Lebens meint. Jolanthe
Ja, es ist eigentlich eine sehr persönliche Rückschau, aber da die Bilder offen sind, habe ich mich doch getraut, es auch zu veröffentlichen. Danke für die Wertschätzung! JW
Manchmal frage ich mich, ob der Sinn all unseres Erlebens nicht nur in unserer persönlichen Entwicklung liegt, sondern ebenso sehr darin, dass wir Menschen in ähnlichen Grenzsituationen verstehen und ihnen mit unseren eigenen Erfahrungen helfen können.
Auch wenn Erfahrungen nie direkt übertragbar sind - dennoch sollten sie miteinander geteilt werden! Auch weil dieses Gedicht so etwas wie den exemplarischen Lebensweg eines spirituellen Menschen schildert, war es sehr gut, dass es geschrieben wurde!
Nicht zuletzt möchte ich auch für den Mut und das Vertrauen dieser Verse danken!
Jolanthe
Manchmal dient es u n s, wenn wir solche Dinge erleben. Manchmal dient es aber auch a n d e r e n. Mir fällt D. Bonhoeffer ein. Er wurde noch im April 1945 auf persönlichen Befehl Hitlers hingerichtet. Er hinterließ eine Verlobte und mit 39 Jahren ein unvollendetes Leben. Und dennoch haben seine Briefe und sein Leben im Nachhinein den gesamten deutschen Protestantismus sehr geprägt und geöffnet - bis dahin, dass auf vielen vielen Beerdigungen bis heute sein Gedicht aus dem Gefängnis 'Von guten Mächten' immer wieder gelesen oder gesungen wird. Herzlichen Gruß! JW