WunderWorte

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von Marie Mehrfeld

Klare helle WunderWorte sind im Traum zu mir gekommen
als Geschenk, dass ich sie horte, haben mir den Schlaf genommen,
hindern mich am trägen Dösen, wollen Freude mir bereiten
und mir sanft die Zunge lösen, bringen Glanz aus fernen Zeiten,

eure Weisheit lässt mich staunen, sollt euch über mich ergießen,
ihr dürft zärtlich mich umraunen, Sprache kann nun wieder fließen,
Stimme war mir eingerostet, Mut war mir im Frost zerronnen,
nun hab ich von euch gekostet und zu schreiben gleich begonnen,

loben will ich euch nun schmeichelnd, will auch flehentlich euch bitten,
sollt mich samtig seidig streichelnd hüten vor den falschen Schritten,
bis zum Ende mich beglücken, steht mir bei mit eurem Segen, helft,
die Sicht zurecht zu rücken, bleibt mir treu auf schweren Wegen.

Wie wir alle wissen, können Worte verführen, berühren, verbinden, entzweien, vernetzen und verletzen, sie können zu Kriegen führen und Frieden stiften. Oft fällt es uns schwer, die rechten Worte zu richtigen Zeit zu finden, Worte des Trostes, der Liebe, des Abschieds, der Trauer, der Freude. Gibt es Worte, die alle Menschen berühren? Das Hohelied der Liebe fällt mir dazu ein, auch der Text des Vaterunsers wendet sich im Grunde über die Konfessionen hinaus an alle Menschen. Es gibt weitere weise Stellen aus heiligen oder weltlichen alten Texten oder einzelne Gedichte großer Dichter und Denker, die mit ihrem Inhalt, mit ihrer Sprachgewalt Grundsätzliches über unser Leben aussagen, uns als ewig Suchende zutiefst berühren und allgemeine Gültigkeit haben. Ich komme immer wieder auf den Teil eines Goethegedichts zurück, das sich mir tief eingeprägt hat und tatsächlich oft im Halbschaf begegnet, es ist der erste Vers seiner Urworte orphisch, ΔΑΙΜΩΝ, Dämon: „Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen, die Sonne stand zum Gruße der Planeten, bist also bald und fort und fort gediehen nach dem Gesetz, wonach du angetreten. So musst du sein, dir kannst du nicht entfliehen, so sagten schon Sibyllen, so Propheten; und keine Zeit und keine Macht zerstückelt geprägte Form, die lebend sich entwickelt.“

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