Sub rosa!

Ein Bild aus der Rokokozeit

Abend war's! Der Mond schien flüchtig
Durch des Parkes Laubgewirre.
Quellen rauschen
Und es lauschen
Vöglein in der grünen Irre.

Lautlos lag das graue Schlöss‘chen,
D'rin verlosch des Lichts Gefunkel -
Tiefer Friede,
Alles müde,
Stille nur und tiefes Dunkel.

Dort, wo Mondesstrahlen heimlich
Mit den Wasserstäubchen kosen,
Blüh'n berauschend
Düfte tauschend
Märchenhaft die schönsten Rosen!

Rosen ranken an dem Schlöss‘chen
Bis zum Dache hoch erhaben,
Alle Wände -
Duft ohn' Ende -
Ganz sub rosa ist's begraben!

Horch! Es knistert auf dem Kiesweg,
Knistert wie von schwerer Seide,
Um die Ecke,
Bei der Hecke
Nahet's im brokat'nen Kleide!

Eine Dame ist's vom Hofe,
Zauberschön und sinnberauschend;
Lautlos fächelnd,
Schelmisch lächelnd
Huscht sie, in das Dunkel lauschend.

Eilt zur Grotte, wo Tritonen
In die mächt'gen Hörner blasen,
Amoretten,
Statuetten
Steh'n auf sammetweichem Rasen.

Geht zu Amor's Götterstatue
Einmal lauschend noch in's Dunkel, -
Still! Nichts regt sich,
Nichts bewegt sich,
Nur am Himmel Sterngefunkel.

Birgt ein Brieflein, zierlich, duftend,
In dem Köcher dann in Eile,
Daß er's finde,
Wenn geschwinde
Zum bekannten Ort er eile!

"Wahr's ihm, loser Götterknabe,
Bis er's holt zur Morgenhelle,
Süße Kunde
Ihm die Stunde
Zu dem Rendezvous bestelle!

Schelm, doch Eins will ich dir sagen:
Hab' auf Diskretion gebauet,
Meiner Liebe
Süße Triebe
Sind sub rosa dir vertrauet!" -

Leise huscht sie drauf von dannen,
Leis und sacht wie sie gekommen, -
Hat das Wehen
Und das Gehen
Kaum der Nachtluft nur vernommen.

Als darauf am andern Morgen
Hell und goldig schien die Sonne,
Lichtumflossen,
Glanzumgossen
Lag der Park in Frühlingswonne.

Amor hält in Rosenranken
Seinen Köcher still verborgen:
"Soll's bewahren
Vor Gefahren
Ganz sub rosa bis zum Morgen!" -

Ob er's holte, dem's bestimmt war,
Ob er's las im Sonnenschimmer,
Ob er's küsste,
Freudig grüßte - ? -
Still! Die Rosen plaudern nimmer!

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