Ach Gott, ich kann doch nichts dafür!
's ging zu mit tausend Listen,
Daß seine Lippen heiß und lang
Zur Morgenstund' mich küssten!
Ich nahm den Hut und ging hinaus
In lichte Frühlingswonnen,
Die Blumen blühten, und die Welt
Schien wie mit Gold umsponnen.
Ein lustig Liedchen klang hervor
Frisch, hell aus meinem Munde,
Wie taufrisch, sonnig lag der Park,
Welch' schöne Morgenstunde!
Ich ging zur Bank, die unter'm Strauch,
Wo Heckenrosen blühen,
Zur Ruhe ladet; sie schien mich
Magnetisch anzuziehen!
Der Platz ist wirklich wunderschön,
Er hat ihn auch so gerne;
Fontänen plätschern träumerisch,
Und aller Lärm ist ferne.
Ein Sockel steht an jener Bank,
Den eine Vase krönet -
Man glaubt es kaum, wie sehr das Ding
Den ganzen Platz verschönet.
Und ich weiß nicht, warum ich just
So im Vorübergehen
Mich bei der Vase aufgestellt
Und keck hineingesehen, -
Mein Gott - da lag ein Billet-doux!
Weiß nicht, wie mir gewesen -
Ich nahm's auf ein Mal in die Hand,
Und hab's sogar gelesen!
Ich war empört, denn denket nur,
Es war an mich geschrieben,
Und d'rin stand viel konfuses Zeug
Von Hoffen, Fürchten, Lieben!
Auf einmal, eh ich's mich versah,
Da hat's im Laub geknistert,
Und eine Stimme hat so süß
Den Namen mein geflüstert.
Ich sah mich um, war sehr erschreckt,
Doch schwanden meine Sorgen,
Denn er stand vor mir, jugendschön,
Wie lichter Maienmorgen - -
Ich wollte wirklich nicht, doch er,
Er bat, er drohte, flehte,
Und koste wie die Morgenluft,
Die schmeichelnd mich umwehte.
Am End' ist man ja nicht von Stein -
Und er, er ist so zierlich,
So mutig, schön und voller Kraft,
So keck und so manierlich!
Nun sagt mir: Kann ich denn dafür?
's ging zu mit tausend Listen,
Daß seine Lippen, heiß und lang
Zur Morgenstund' mich küssten!