Windsbraut

Bild zeigt Annelie Kelch
von Annelie Kelch

Abgefallen von der Stunde des Pan
Will der Sturm die Mondsegel küssen
Hab acht, kleine Kornmühle im Tal
Bruder Herbst trägt ein Kainsmal:
Die Windsbraut naht auf Freiersfüßen

Herbstsichel hat den Sommer gemäht
Unterm Jagdhorn erzittern die Wälder
O süße Schwermut aus dunklen Trauben
Efeu, bewusstlos, verblutet an Gartenlauben
Rabenschwarz schackern brache Felder

Möcht wandern den Heidschnuckenweg lang
Auf der Durchreise wie Kranich und Wildgans
Zum Totengrund über die blühende Heide
Den Wacholder zupft ich am grünen Kleide
Probte mit silbernen Birken den Kontratanz

Was uns dämmert im Dunkelspiegel
Einer stürmischen Herbstnacht
Wird lang im Gedächtnis bleiben
Nichts kommt meiner alten Kastanie
Zuhilf gegen das Blättertreiben ...
Darüber wie von Sinnen die Windsbraut lacht.

Windsbraut: starker Wind, Wirbelwind
Stunde des Pan: poet. Bezeichnung für zwölf Uhr mittags, Höhe des Tages (High noon)
Das Mondsegel ist ein Rahsegel, das auf einigen Klippern über dem Royal- und dem Skysegel gefahren wurde.
Der Kontratanz ist ein englischer Gruppentanz, der sich im 17. und 18. Jahrhundert zu einem sehr beliebten Gesellschaftstanz entwickelte.

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