Hein, der Rauschgoldengel

Bild zeigt Corinna Herntier
von Corinna Herntier

Erst flattert 's wild, dann folgt ein Rauschen …
Schon saust vom Himmel, keuchend, Hein.
Er, dessen Ankunft Krähen lauschen,
fliegt taumelnd, rückwärts, querfeldein.

Die Landung glückt an einem Weiher.
Er steht im Modder, knöcheltief.
Das ist ihm alles nicht geheuer –
er merkt sofort, hier läuft was schief.

Sein Dienstbeginn ist elf Uhr dreißig.
Er hat es eilig, Zeit ist knapp.
Als Rauschgoldengel dient er fleißig,
doch heut macht er wohl vorher schlapp.

Sein golden Haar in langen Locken
bringt er noch schnell zu rechtem Sitz.
Die Pracht blieb sauber und auch trocken
– der Pflegeaufwand ist kein Witz!

Er blickt herab. „Mein Saum mit Sternen!
Total verdreckt! Ich glaub ’s ja kaum!
Och, nee! Wie soll ich das entfernen?
So zier ich keinen Weihnachtsbaum!“

Er meldet sich, wie ’s Engel sollen,
im Himmel beim Sankt Nikolaus:
„Bin zwar gelandet, doch verschollen
– die Himmels-Maps-App ist ein Graus!

Steh hier im Matsch, bin ganz besudelt,
voll Schmutz sind Füße und Gewand!“
Statt Antwort nur ein Liedchen dudelt
als Warteschleife leis vom Band.

So kommt es, dass des Christbaums Spitze
bei Meyers bleibt nun ungeschmückt,
denn Hein hielt sich für nicht mehr nütze
und hat sich himmelwärts verdrückt.

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