Der Tod besucht die sündige Meile ...

Bild von Annelie Kelch
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Regen löschte das Silber des Mondes,
gefallen aufs Pflaster einer sündigen
Meile wie ein Vergeltungsschlag.

Du, dort am Straßenrand, mit Haaren,
nasser als das Fell jener streunenden
Katze, die mich keine Sekunde lang
aus ihren grünen Augen ließ.

Das Dunkel der Nacht schluckte
alle schrillen Geräusche, Menschen
auch und die Scherben roter Lichter.

Ein Jäger hinterm Steuer einer Blechkiste
schnurrte heran: Typ „Sprinter“ von
Mercedes-Benz.

Du gingst ihm ins Netz, und ich hielt kurz-
fristig meinen Atem an und zückte den Blei.

Ein anderes Fahrzeug schob sich vors Heck;
der Jäger brauste mit dir davon und ich
vergaß, was ich wollte und erinnerte dein
Gesicht, als seist du in jenem Moment gestorben.

Was dann in der Wildnis mit dir geschah:
Ich wollte es unbedingt wissen und legte
gedanklich einen Katheter zu deinem Herzen,

einem Hohlweg gleich, durch den ich glitt
wie ein kleiner Herbstwind, der nichts
zu verlieren hat … Ein alter Baum schob sich
vor mein Aug und versperrte mir jedwede Sicht.

Gott würgte das Morgenrot, als es sich
ausbreiten wollte über deine verstümmelten
Glieder, aufgefunden rechts der Isar,
von einem Liebespaar, das nichts wusste

vom Silber des Mondes, gefallen auf
sündiges Pflaster und in verhängnisvolle
Einsamkeit negativer Welten, Nächten mit
Zungenspaß, vom Regen durchkreuzt.

Es sei dein erstes Mal, „deine erste Sünde
gewesen“, raunte mir später eine Nonne zu,
die mein Gebet belauschte,

darin ich Gott zu einem weiteren Mord antrieb,
indem ich ihn anflehte, auch deinen Vermieter
zu erdrosseln, der wegen ausstehendem Mietzins
Räumungsklage gegen Dich erhoben hatte.

Interne Verweise

Kommentare

26. Apr 2018

Mit einem solchen Kommentar habe ich zwar nicht gerechnet, lieber Alf,
aber ich finde ihn wirklich "klasse". Danke!

LG Annelie

27. Apr 2018

ich stelle mir ein sehr junges Mädchen vielleicht aus Rumänien vor, sie wurde mit falschen Versprechungen in den Westen gelockt und muss sich das Geld für ihre "Reise" auf dem Strich verdienen, ist abhängig von ihrem Luden, eine der Sklavinnen, die versteckt, aber dennoch mitten zwischen uns leben, vegitieren ... dieses Bild sah ich beim Lesen Deines Gedichtes, Annelie

LG Marie

27. Apr 2018

Danke für Deinen guten Kommentar, liebe Marie. Von diesen Mädchen gibt es indes leider viele, die sich zurück in ihre Heimat sehnen, obwohl es ihnen dort - in anderer Hinsicht - auch nicht gut ging. Einige gewöhnen sich vielleicht an ihren neuen "Beruf", nur wenige finden aus dieser Abhängigkeit raus, können fliehen; aber kaum eines dieser Mädchen begegnet hier dem "großen Glück".

LG Annelie

27. Apr 2018

In den Fängen solchen Seins –
Willigt freiwillig fast keine Frau ein …

Liebe Grüße in deinen Abend
Soléa

28. Apr 2018

Ich hätte alles riskiert, um zu fliehen, liebe Soléa; aber das sagt sich so leicht, wenn man keine Fremde ist, sondern dieses Mysterium im eigenen Land erleben muss.

Liebe Wochenendgrüße,
Annelie

28. Apr 2018

Erschütternd... und wunderbar geschrieben.

LG, Susanna

28. Apr 2018

Danke, liebe Susanna. Ein Lob aus Deinem Mund freut mich sehr.

Liebe Wochenendgrüße,
Annelie

06. Mai 2018

Danke, lieber Hartmut.

Liebe Sonntagabendgrüße,
Annelie