Die Jägerin ( Zweites Gedicht)

Bild von Zaubersee
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23.05.2013 - 7.50 Uhr - ich bin gefangen

Straßen reisen durch mich hindurch
geisterhaft - Schweben von Nebeln auf Gras und Baum
meine Augen fischen - wachen - träumen - wachen
sie rennen mir aus Feldern entgegen
Wörter - Laute - Sätze klettern in sinnende Kronen
der Wind hat gedreht - gefährliche Uhren
verwirren Zeit - gaukeln mir sanfte Hände
während Herr P. auf mich wartet.

ich würde gerne - so gerne mit
ihnen klettern dieser Schar herzensguter
Wörter die in einem See wohnen - unweit
fetter Wiesen besucht von Trollblumen und rotem Klee
ich Gefangene - heimlich
meist im Mondlicht tauche - schwimme ich
in ihrem Wasser - werden meine Ohren
lange silberne Seile - gewachsen
sich zu vernetzen mit ihren Stimmen
aus sirrenden Flügelmündern

er wartet mit der Uhr - einer meiner Wärter - Herr P. ist nett
er kennt diesen See nicht und ich Herrn P. eigentlich nicht

Straßenrauschen gleitet in mich - wenn ich in den Wald ginge
träfe ich Hirsche - Blüten öffneten Kelche - und
Sonnenlicht ließe Steine schimmern - leise
unter der Lärche zwischen Wurzeln
Mooswörter - schliefen zärtlich - es ist zu früh
ein Sog zieht mich zurück - Herr P.
noch eine viertel Stunde - Radar - das war knapp

8.15 Uhr - er sitzt mir gegenüber
heute unrasiert - hört aufmerksam zu
wir versuchen dem Atem wie einem Fluss zu folgen
mein Blick aus dem Fenster - ich sehe sie fliegen
Mooswörter erwacht - tief eingeatmet in der Stille
blieben in meinen Alveolen - wie Kletten
es ist falsch dass sie hier sind - sie tollen herum
Herr P. steht auf - wir wollen rufend klingen
unsere Stimmen - schwingen lichte Räume

in der Linde vor dem Fenster haben sie Lichter gezündet
mitten am Tag - sie glühen weit in mich
Herr P. ist ein freundlicher Wärter - ich bin
seine Stundengefangene - er weiß davon vermutlich nichts:
mein Leben mit Wörtern ist eine Liebe.

C. Mara Krovecs / 2013

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