Sacht rührt mich die Vergänglichkeit,
wohl sanfter noch als du.
Es naht so still mit leichtem Schuh
der Wanderer der Zeit,
setzt sich zu uns dazu.
Er zwingt die Kerze in die Knie
und zaubert dunkle Schatten.
Das Abendrot entflieht den Matten
dichter Wolken, die er spie.
Der Nacht enthuschen Ratten.
Und unser Zeitglas, das einst voll
- wie rasch geht es zur Neige!
Und der frohen Grille Geige
spielt ihre Weise nun in Moll.
Ein Wort erstirbt: Ich schweige.
Der Wanderer erhebt die Hand:
ein stummer Gruß. In seinen Taschen
fressen Löcher gierig Maschen.
Zeit rieselt leis, wie feiner Sand,
über Hose und Gamaschen.
Es nagt an mir die Rattenbrut,
zu Staub zerfall‘n die Stunden.
Der Mond zieht seine Runden,
abgelöscht des Feuers Glut
und unsre Zeit – entschwunden!
© Anouk Ferez 6-2015
Kommentare
Ein feinfühliger Text, der auf wunderbare Weise das Fortschleichen der Zeit einfängt, so dass dies beim Lesen sogar körperlich spürbar werden kann. Toll.
LG Monika
Ich danke dir, liebe Monika. Das "körperlich spürbar werden lassen" und Stimmungen einzufangen, beherrscht Du ebenfalls prächtig, wobei es dir sogar gelingt, dies in wenigen Zeilen zu vollbringen, was meine größte Bewunderung findet
lG
Anouk
Liebe Anouk, das sind tiefe Gedanken...
Indes, wir halten ewig fest
was uns im Geiste Mensch sein lässt!
LieGrü
Alf
Auch dir ein herzliches Dankeschön, lieber Alf. Dein Zweizeiler liest sich übrigens hervorragend...
lg
Anouk