Die Hoffnung

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von Heide Nöchel (noé)

Wer kann schon sagen, was „vollkommen“ ist?
Hat nicht jeder irgendwo sein Defizit?
Irgendetwas, das er im Leben vermisst?
Wo er Leichen in seinen Kellern sieht?

Oder ein Unrecht, das ihn gewaltig stört –
das ihn wurmt, und das ihn ständig zernagt –
der Verlust von etwas, das ihm gehört –
eine Schuld, die ihn im Innersten plagt …

Wer kann schon sagen, sein Leben sei „rund“
und niemand hat je ihm ein Leides getan?
Welche der Seelen ist ganz gesund?
Wer fängt jeden Morgen voll Freude an?

Und doch lebt die Hoffnung in jedem fort,
die Hoffnung, die immer zuletzt erst stirbt,
des Menschen letztendlicher Rettungsort:
dass es doch wieder irgendwann besser wird.

© noé/2020

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