Kuno, einst der wildeste der Hengste,
packten Mitte fünfzig plötzlich Ängste;
jene, die den Stolz des Mannes dämpfen.
„Midlife-Krise?“ – rief er – „Pah! Gelaber!“
und entschloss sich, ohne wenn und aber,
fortan um den Dichterruhm zu kämpfen.
In der Frühe schrieb er, noch im Bette,
übers Frühstück kühne Klangsonette.
Bis zum Mittag dichtete er weiter,
Elegien und Haikus, meistens heiter.
Abends folgten dann in aller Gänze
eine Hymne und fünf Elfchen-Kränze.
Eines Nachts, bei einem Lied zur Lage
der Nation vernahm er eine Klage:
„Halte ein, du Unhold tust mir weh!“
„WER zwingt mich“ – rief Kuno – „hier zur Pause?“
„Ich bin‘s, deine Sprache, du Banause!
Und dein Schund schmerzt mehr als blauer Zeh.“
„Wie? Du bist bloß Werkzeug!“ schrie der Dichter.
„Freie Kunst benötigt keinen Richter;
„und was gut ist, kann ich selbst entscheiden!“
Sprache wand sich, doch es half kein Stechen.
Kuno war besessen, sie zu brechen –
Kraft der Worte – musst es eben leiden!
Morgens, mit den Zangen einer Ode,
quälte er sie mehrfach bis zum Tode.
Worauf er sie fachgerecht sezierte,
weil ihn Dada heftig inspirierte.
Bis zum Kaffee brachte sie der Recke
mit dem Blumen-Schwert erneut zur Strecke.
Um sein Werk der Menschheit zu erhalten,
half ihm ein Verleger beim Gestalten
seiner Bände, dreißig oder mehr.
Die Moral, das sollte man betonen,
zeigt, dass Mord und Totschlag immer lohnen:
Neunzig Euro pro Gedicht sind fair.