Ich lass dich gehen, Stunde, die du wertvoll bist,
ich lass dich küssen, Muse, die du schelmisch küsst!
Doch niemand will ich halten, der mir nicht gehört,
denn alles fließt, wenn auch vorbei –
inzwischen zähle ich auch gut bis drei –
ich weiß genau, daß niemand auf mich schwört!
Die Zeit, die ihre Eigenschaften pflegt, sie flieht,
ganz einfach ungenützt für meine Träume zieht
sie wolkig, schwer, von einer Nacht in eine Nacht,
wo sie sich ungestüm und wild gebärdet –
durch mich wird sie ja nicht gefährdet –
und stößt mich sanft in ihren tiefen Nebelschacht!
Und wenn ich Augenblicke, ach so träum‘risch liebe,
und wenn ich noch so leidenschaftlich bliebe,
sie würde mich nicht hören wenn ich lauter riefe.
Ich höre sie, wie sie in Eisenangeln ächzt –
wie eine Rabenstimme, die mich fremd umkrächzt –
und schreibe dabei nichts als schräge Liebesbriefe!
Doch die begreifen ist kein Ding wie Runterbeten,
unentwirrbar sind die Zeichen allen Sprachproleten,
die froh sind, wenn sie Speisekarten lesen können
und dabei nicht aus ihrem irren Takt geraten –
sie riechen wohl darin den Teufelsbraten –
denn meine Poesie ist auch Kritik gewesen!
Kritik an jenen, die den Lebensstolz verletzen,
die andre schlagen und zu gern in Furcht versetzen,
weil sie sich groß Gewinne draus versprechen.
Sie denken gar nicht an den Wert der Stunden –
nicht daran, was da verständnisvoll empfunden –
sie wissen nicht, was sie an uns, der Welt verbrechen!
Drum lass ich geh’n und möchte nichts mehr halten,
lass mich von Musen küssen, von Gestalten,
die sich, aus virtueller Wahrheit zu mir stehlen,
ich trag‘ sie in mir, vor der Gewalt verschlossen –
bin einsam ausgeliefert, allem was beschlossen –
und will, was mich betrifft, ganz einfach dafür fehlen!
Kommentare
Gar nix fehlt - bei dem Gedicht!
Weil Kunst aus allen Ritzen spricht...
LG Axel
Das ist - auch ohne Vertonung - sich selbst schon Lied und Melodie. Wunderschön harmonisch schwingend.
Ja ist dies schön hier in den Zeilen zu kuscheln! LG!
Ich bedanke mich herzlich
LG Alf