Meine irren Vorstellungen (eine Betrachtung in eigener Sache)

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von Alf Glocker

Meine Vorstellungen sind eigentlich ganz weit von allen weg. Erwartungen kann ich komischerweise nicht erfüllen. Zuerst sagen „sie“ immer alle: „Huch, ist der sympathisch!" Dann bin ich plötzlich mit Leuten befreundet, die mich völlig falsch eingeschätzt haben. Man tritt an mich heran und möchte mich integrieren, merkt aber gleich, daß es nicht klappt, weil ich nicht genug mache. „Hilfst du mir da“, oder „hilfst du mir dort“ heißt es höchstversöhnlich und manchmal fügt man auch noch hinzu: „Aber du bist doch stark, so ein Umzug ist doch gar nichts für dich!“. Oder man erwähnt, daß ich doch als XXX genau das brauchen könnte was man mir anbietet, ich müsste doch nur dieses oder jenes dafür tun … und wo dann das Problem läge.

Ich kann mich dann nur sehr schwer arrangieren. Ich kenne die allgemein gebräuchlichen Verfahrensweisen ja nicht, die von wirklich starken Menschen angewendet werden. Also, nicht körperlich stark ist hier gemeint, sondern „geistig“. Obwohl „geistig“ vielleicht auch nicht der richtige Ausdruck dafür ist. Charakterlich vielleicht? Aber wenn das so ist, dann deckt sich das nicht unbedingt mit meinen Vorstellungen von „Charakter“: Wann hat ein Mann denn schon einen Charakter?

Wenn er eine Frau „nimmt“, ohne Ansehen der Person und ohne darauf zu warten, daß sie Signale aussendet, mit denen sie nicht nur angedeutet haben könnte, daß sie bereit ist, auch selbst aktiv zu werden – ihn womöglich noch offenkundig unterstützt –, dann ist ja vielleicht alles trotzdem OK …? Wenn er aber nicht einfach nur losstürmt und es ihm was ausmacht, zurückgewiesen zu werden, dann hat er keinen Charakter? Ein Mann hat einfach immer „Charakter“ zu haben. Er muss bereit sein, wenn eine Frau ihn lockt. Er darf kein Mimöschen sein!

Frauen sind das ja auch nicht. Frauen sind manchmal einfach Geschäftsleute: Sie haben ihre Vorstellungen. Und wenn einer was von ihnen „braucht“, dann soll er gefälligst was dafür tun und, wenn möglich, auch dafür bezahlen … in der einen oder der anderen Form. Richtige Erwachsene wissen, wie so etwas abzulaufen hat, wie man geschäftliche Interessen gegeneinander reell abwickelt. Ich meine: Vor uns liegt der Regenwald – der muss erst einmal abgeholzt werden, bevor man sich etwas leisten kann. Das ist doch eine reine „Charakterfrage“.

Nicht erfühlen, erahnen, analysieren was ein Mensch denkt, sondern Marktlücken entdecken! Ansprüchen gerecht werden, das ist Überleben und Befriedigtwerden. Sonst könnten wir ja gleich sagen: „Der Stärkere siegt!“ Und wer ist das dann? Na, sowas wie eine straff geführte Verbrecherorganisation – was denn sonst?! Im Verband starker Individuen kann man doch seine Interessen, wenn sie nur brauchbar genug sind, viel leichter durchsetzen. Einer allein, der nichts weiter kann als Zusammenhänge herstellen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen – also logische und nicht geschäftslogische – kann überhaupt nichts bewirken. Er kann sich ja nicht einmal mit anderen, logisch denkenden und urteilenden Individuen zusammenschließen, die auch erkannt haben, wohin es führt, wenn man sich im Umgang mit Freunden „auskennt“ und sie sachgemäß einsetzen kann.

Man erspart sich dabei vieles. Man hat einen als Dreckschwein ausgewiesenen Sündenbock, den man sonst wohin schicken darf, man ist, zusammen mit einer arrivierten Mehrheit, stets im Recht und man braucht sich keine Gedanken mehr drüber machen, warum man eventuell nicht verstanden wird, oder eventuell selbst nicht versteht – man wird verstanden und man versteht! Man handelt, anerkannten Regeln gemäß, angepasst und man steht seinen Mann, respektive seine Frau, wenn es erforderlich ist. Männer haben also immer zu können. Frauen dürfen das erwarten, auch wenn sie selbst vielleicht etwas dazu beitragen, das nicht sofort deutlich werden muss. Manche Männer wollen auch gar nichts erkennen! Sie wollen, daß sich die Frau breitbeinig hinlegt, das ist alles … und wer sagt was dazu?

Nur so ein Depp wie ich, der an allem was auszusetzen hat, der nichts versteht, der logische Zusammenhänge herstellt, die auch von sensibleren (lebensunfähigen) Geistern nachvollziehbar sind, ganz allgemein aber unbestreitbar WÄREN, falls sich, außer ihm noch jemand die Mühe machen würde betrachten zu wollen und es dabei aber nicht bewenden ließe. Der, ohne Ansehen der eigenen Person, inklusive der darin enthaltenen Ansprüche nachfragt, wie sinnvoll es ist, Kräfte einzusetzen, die vor allem deren Besitzer nichts nützen … außer dem, einen Freundschaftsdienst geleistet zu haben, den man eben zu leisten hat, wenn man weiterhin für sympathisch gehalten werden möchte. Aber darauf kommt es doch schon gar nicht mehr an.

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