Worüber man einfach nicht spricht (eine „unsachgemäße“ Betrachtung)

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von Alf Glocker

Worüber man einfach nicht spricht, darf man nicht sagen, das geht ja schon aus dem Thema hervor. Aber man könnte eventuell in Gleichnissen sprechen und damit die Moral umgehen (die ohnehin nur Moralisten zum Überleben brauchen). Für alle unmoralischen Zeitgenossen sei also hier manches angesprochen. Nur für sie? Warten wir’s ab, gehen wir’s an, oder lesen wir einfach drüber hinweg und behaupten wir: Menschen, die in Gleichnissen sprechen oder schreiben, müssen nicht ernst genommen werden.

Beginnen wir mit dem Erlaubten: Wieviel Kraftstoff verbraucht ein Diesel auf 100 km? Kann man mit einem Dieselfahrzeug einen „Kavalierstart“ hinlegen? Kann ein Diesel schöne Formen haben? „Nagelt“ ein Diesel? All diese Fragen können freudig beantwortet werden, nicht aber die Frage, warum die 16 größten Kreuzfahrtschiffe der Welt noch die Meere verschmutzen dürfen. Die Beantwortung dieser Frage ist weder erwünscht noch gesellschaftsfähig, denn sie bringt unseren guten Glauben an die Welt, als eine gute Welt, ins Straucheln.

„Die Menschen werden immer älter“, das ist auch so ein Thema. Womit also beschäftigen wir sie? Sie müssen betreut werden, sie brauchen Unterhalt, sie verursachen Kosten. Organisieren wir doch einfach Kaffeefahrten, dann können wir ihnen noch ein bisschen Geld aus der Tasche ziehen. Das ist durchaus salonfähig, das darf doch jederzeit erwähnt werden. Nicht erwähnt werden darf allerdings, warum die Reichen so alt werden dürfen wie sie wollen, ohne sich je aktiv am Sozialsystem beteiligt zu haben …

Naja, und dann ist da noch die Überbevölkerung! Warum also sterben die Alten nicht? Das wird man doch wohl noch fragen dürfen! Aber sicher darf man … doch, sind denn nicht die Jungen von anderswo das Problem?! Die Alten werden zwar auch immer mehr, aber das ist absehbar, wenn ich mich nicht irre … Die anhaltende Supervermehrung der Jungen ist uferlos, absolut unberechenbar, von den Weltherrschaftsambitionen der Unfähigen, die nichts als nur Kinder kriegen können, getragen – aber das ist wieder nicht aussprechbar!

Verkaufen wir ihnen doch Atomwaffen! „Ja, warum denn nicht – gleiche Chancen für alle!“ Das sollte überall propagiert werden, auf allen Werbeplakaten der Welt. Gleichzeitig aber müssen die Erfindernationen gegeneinander in einen blutigen Wettstreit treten, damit Staaten, die, außer ihren Weltherrschaftsambitionen nichts drauf haben, auch eine reelle Chance zum Überleben bekommen. Hören wir hin, was führende Seelsorger sagen: „Es ist unsere Pflicht, auch für das Wohl Minderbemittelter zu sorgen, sonst bleibt der Himmel geschlossen!“.

„Reden wir doch nicht einfach so unbekümmert daher!“ Das tönen ausgerechnet genau die Vollidioten, die vorläufig noch nicht von Folgen ihres Gewäschs betroffen sein werden. Das ist wichtig, denn „Nach mir die Sintflut!“. Das gilt selbstverständlich auch für Tiefgläubige – und wenn die jetzt noch schnell alt werden können, dann reicht das stellvertretend für alle. Wir müssen uns doch nicht Sorgen machen, daß „uns“ was geschieht! Wer ist „uns“? Wer macht sich hier keine Sorgen? Keine Sorgen machen müssen sich die Auserwählten, die wir eingeladen haben uns zu ermorden …

Nichts davon ist wahr! Es gibt keine Auserwählten, wir haben niemanden eingeladen und „wir“, das sind sowieso die anderen! Es ist unmoralisch, alt zu werden, nicht unmoralisch ist, die zu ermorden, die alt werden wollen, weil sie die Voraussetzungen dafür geschaffen haben, die jetzt solche Jungen nützen können, die ausschließlich für Ersatz für die Alten sorgen. Ermordet wird dabei niemand, oder besser „kaum jemand“. Denn es fällt ja nicht ins Gewicht, daß beim Austausch Alt gegen Jung, gelegentlich mal einer der „Alten“ verschwindet …

also, von denen einer, meist eine, die gute Voraussetzungen fürs Altwerden geschaffen haben. Das betrifft ja die Reichen nicht. Und das wiederum, daß die Reichen nichts betrifft, betrifft niemanden: Es geht keinen was an! Ebenso wenig geht es jemanden was an, daß die Mörder zwar nicht unbedingt „gedungen“ sind, aber trotzdem bezahlt werden. Ihr Job und dessen Bezahlung ergibt sich sozusagen aus ihrer Aufgabe, die sich ohne Weiteres aus eben dieser Gesinnung ableiten lässt, die man braucht, um Leute beiseite zu schaffen die alt werden wollen.

Über so vieles darf einfach nicht gesprochen werden! Darüber gibt es geheime Absprachen. Geheime Absprachen sind ein Zeichen intellektueller Integrität und auf die legen ausgerechnet Leute großen Wert, die gerade dabei sind, die besten Voraussetzungen für ein gesichertes Altwerden zu schaffen. Sie sind quasi der Wirt! Aber der Wirt hat die Rechnung ohne seine Gäste gemacht, die vom Herrn Bürgermeister, aus aller Welt, eingeladen wurden, weil es gerade zu viele Alte gibt, die nicht hören wollten, daß es aufs Altwerden nicht ankommt.

Es kommt nur auf die Weltherrschaft an und auf den Wettbewerb und darauf, daß niemand, der sich etwas erschaffen hat, das auch benutzen kann, ohne sich vor die Säue zu werfen, wie ein Satz Perlen aus dem Schlaraffenland. Die gebratenen Tauben sind fertig, die Kuchen aufgestellt, man hat sich lange genug dafür den A… aufgerissen. Jetzt ist Zeit, alles zu verschenken, bevor die Wahrheit noch sichtbar wird: daß es nämlich die Übrigen nie interessiert hat, wie man so etwas bewerkstelligen kann. Darüber spricht „man“ einfach nicht!!

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