Meine Frau litt jahrelang an Depressionen. Bis ich hörte, dass ich sie durch Schlafentzug in der 2. Hälfte der Nacht davon therapieren könnte. Ich stellte den Wecker um 2 Uhr nachts, wir beide erwachten, meine Frau setzte sich an den Computer, und ich versuchte, weiterzuschlafen, was mir immer weniger gelang. Dafür war meine Frau an den folgenden Morgen zunehmend ausgeglichener, und ihre Depressionen nahmen stetig ab, bis sie schliesslich verschwunden waren. Ich hingegen war an den folgenden Morgen gereizt, wies immer öfter Gedächtnislücken auf, und meine kognitive Leistungsfähigkeit war beeinträchtigt.
Meiner Frau geht es mittlerweile sehr gut, nicht zuletzt auch durch die nächtlichen Chats mit fremden Männern. Ich hingegen habe ein geschwächtes Immunsystem und Muskelschmerzen und leide an Altersdiabetes. Manchmal treten sogar Halluzinationen auf, die in eine Psychose münden. Dann stelle ich mir vor, ich sei so gesund wie meine Frau, und vergesse dabei meine regelmässig wiederkehrenden Depressionen.
© René Oberholzer