Das Geständnis

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von Alf Glocker

Weißt du, liebe Welt – tja, wie soll ich es dir sagen? Jetzt sind wir doch schon eine halbe Ewigkeit zusammen, und wir haben, weiß Gott, eine ganze Menge miteinander erlebt, in guten und in schlechten Tagen, aber es muss nun einfach raus: ich liebe eine andere!

Du darfst aber nicht traurig sein. Im Grunde hast du mich doch noch niemals wirklich vermisst, und du findest sicher bald einen Neuen, dem du es so richtig besorgen kannst – ich beneide ihn darum höflicherweise. Wobei ich zugeben muss, daß es mit uns noch nie so richtig funktioniert hat.

Bereits mein erster Auftritt bei dir war so seltsam wie sonst was. Ich war irgendwie gehemmt und konnte nicht so richtig wie ich wollte. Erinnerst du dich noch?! Oder wollte ich nicht, wie ich gekonnt hätte? Nun, jedenfalls war ich ein Kaiserschnitt.

Damals hast du mich doch gewollt – stimmt’s?! Oder deute ich das falsch? Aber ich habe dich nicht gewollt – stimmt’s? In meinem Kopf dreht sich alles! Ich muss nochmal nachdenken!

Wir haben uns nie wirklich vertragen – sehe ich das richtig? Weder im Sandkasten, noch sonst wo. Immer hast du versucht mich zu bevormunden, und immer sind wir uns dann wieder näher gekommen. Das war schon witzig! Wir hatten doch beide gar keinen Grund dafür!

Kritisch, ja beinahe schon feindselig stehen wir uns mittlerweile gegenüber. Jeder möchte den anderen in sich aufnehmen, ihn lieben und ehren – aber es geht einfach nicht. Wir sind viel zu verschieden!

Ich glaube, wir sollten uns baldmöglichst trennen und dorthin gehen wo der Pfeffer wächst. Du in dein Chaos und ich zu meiner Geliebten, der Armut im Geiste, der ich restlos verfallen bin. Sie gebietet mir, dich zu verachten und wertlos zu sein, für dich und deine Konsorten.

Nachtrauern wirst du mir bestimmt nicht, da bin ich mir sicher, denn du bist so sehr mit dir selber beschäftigt, wie es nur irgend geht. Verhext bist du geradezu! Selbstverliebt, genau wie ich, aber im Gegensatz zu mir bist du allgemeinverständlich befangen, in der Beschränktheit der Traditionen, die dich ausmachen.

Das sind, die Einfachheit der Natur, die Unbedachtheit der Leidenschaften und die Unausweichlichkeit deines Schicksals, durch die Duldung all deiner Schwächen. Das finde ich ekelhaft!

Meine geistige Armut, sprich, die Unfähigkeit dir gewachsen zu sein, in aller denkbarer und undenkbarer Härte, aber liebt mich so innig, als wäre sie von Gott, oder zumindest von einem Gott zu mir gesandt, um mich vor all dem zu bewahren, was dich ausmacht. Leb‘ wohl!

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