Der Krakenmensch hat mehrere Milliarden Arme, er ist unglaublich unförmig – sein Gehirn lässt sich aber trotzdem durch alle Spalten, Schluchten und sogar Ösen pressen! Er besteht niemals auf einer eigenen Identität, vielmehr versteht er sich grundsätzlich als einen seiner Arme, die er verkörpern möchte und sonst nichts.
Gelenkt wird der Krakenmensch von Viren oder Bakterien, die sein sehr „anpassungsfähiges" Gehirn regelmäßig, in alternierender Folge, befallen, weshalb er nie einen zuverlässigen Eindruck von seiner Welt und dem Leben an sich gewinnen kann. Manche würden ihn für böse halten wenn sie ihn kennenlernten, wieder andere würden das für eine reine Ansichtssache halten, da Krakenmenschen empfindlich auf ihren Rechten bestehen. Zum Glück gibt es nicht viele davon.
Gegenüber „normalen“ Menschen, mit normaler Größe und normalem Gehirn ist der Krakenmensch so übermächtig, daß er nicht nur eine eigene Spezies darstellt, sondern als solche auch noch ungeheuer dominant ist. Der Krakenmensch duldet, aufgrund der zahlenmäßigen Überlegenheit der Arme, gegenüber normalen Einzelwesen keinen Widerspruch! Was einer seiner Arme glaubt, das glauben alle Arme!
Alle Arme zusammen aber sind signifikant für die Festigkeit, mit der der Krakenmensch insgesamt und durch die Vielzahl seiner Arme auftritt. Dieser Naturgewalt zu widersprechen, käme einem Sakrileg gleich, obwohl das Erscheinungsbild eines Krakenmenschen alles andere als „natürlich“ ist. Der Krakenmensch ist zu groß, zu schwer und von zu seltsamen Kräften gesteuert, um „gesund“ genannt werden zu können.
Da dies jedoch einer Behinderung gleichkäme, darf es nirgends als wahr bezeichnet werden, daß der Krakenmensch keine gleichberechtigte Einschätzung, gegenüber freilaufenden Einzelwesen, verdient, da sonst das Evolutionsprinzip gefährdet wäre. Lieber gesteht man dem Krakenmenschen zu, er sei eine Manifestation des vielgestaltigen Ausdrucks einer Wahrheit, die eben nicht eine einzige ist, sondern mehrere. Mehrere Wahrheiten geben Schutz und Sicherheit für alle (meint man).
Der Krakenmensch hat jedoch einen entscheidenden Nachteil, der sich zunächst kurzfristig für ihn günstig, aber langfristig ungünstig für den Planeten an sich auswirkt: Er expandiert ständig! Täglich nimmt die Gesamtanzahl seiner Arme zu (wodurch der Glaube immer inbrünstiger wird – er ist quasi der Multiplikator der Angst, die Verantwortung von Einzel-Individuen tragen zu müssen) und sein Leib wird insgesamt schwerer … was wiederum zur Unbeweglichkeit des Ganzen beiträgt.
Nicht ganz zu Unrecht breitet sich deshalb in den letzten Jahrzehnten, vor allem aber in den letzten Jahren, durch die exponentielle Zunahme des armen Kraken, pardon, der Krakenarme, bei den, durch Verdrängung, immer weniger werdenden anderen Lebensformen die Urangst aus. Das trifft vor allem auf die sogenannten „intelligenten“ Lebensformen zu, wobei man deutlich sagen muss: Je intelligenter, desto mehr Angst! Der Krakenmensch sieht das allerdings nicht so.
Er interpretiert die Unzahl seiner Arme eher als „helfende Hände“, die jedermann zu Diensten seien … vor allem dem Krakenmenschen selbst. Noch freie Individualisten sprechen jedoch von einer unheimlichen Bedrohung, angesichts der Perfektion, mit der der Krakenmensch Probleme, die sich ihm und dem Glauben an sich, in den Weg stellen, beseitigt. Es scheint, so unken unvorsichtige Zeitgenossen, bald keinen Platz auf Erden mehr zu geben, an dem …
der Krakenmensch entweder gar nicht vorkommt, oder nicht an der Macht ist. Darin, so urteilen bereits heute Experten, läge ja auch ein Widerspruch, denn wo der Krakenmensch vorkommt, da IST ER an der Macht … was wiederum ein natürlich-unnatürlicher Vorgang sei. Hier käme einfach die Anzahl der Arme, sowie ihre Identitätslosigkeit zum Tragen. Wie man das ausschließlich dominante Auftreten des Krakenmenschen für die Zukunft beurteilen solle, sei fragwürdig.
Vermutlich wird die ganze Erdoberfläche, in absehbarer Zeit, aus Krakenarmen bestehen, so daß selbst der arme Krake keine Aussicht auf ein letztendliches Überleben hätte … und das käme einfach davon, daß sich ein milliardenarmiges Krakenleben eben nur in der Verdrängung anderer Spezies lohnt und somit nach dem Aussterben dieser keinen Sinn mehr ergibt. Der Krakenmensch lässt sich jedoch zu diesem Thema nicht gerne befragen, da er vorgibt, erst einmal die Meinung seiner Arme einholen zu müssen, was aber schon deshalb unmöglich ist, weil diese keine Meinung haben und auch keine erwerben können.
Kommentare
Die Arme sind ja geistig arm -
Grade darin liegt ihr Charme ...
LG Axel
Dank!
LG Alf