Wege der Befreiung

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Tick, tack. Tick, tack.
Angespannt saß Maggie in ihrem Wohnzimmer. Sie dachte. Sie dachte über einiges nach. Es war nicht diese Art des Denkens, wenn ein in die Tage gekommener Greis seine besten Momente vor seinem geistigen Auge abspielte. Nein. Auch nicht so, wenn ein Kind unruhig in seinem Zimmer eingesperrt war und voller Tatendrang darauf wartete, sich mit seinen Freunden zu treffen.
Es war anders.
Gefüllt von Hoffnung, Mut, aber auch Ungewissheit. Unschuldig blickte sie zu dem Gemälde vor ihr, während sie unbewusst ihre dunklen Locken mit ihren schlanken Fingern wickelte. Auf dem Kunstwerk war ein Art Vogel abgebildet. Feuerrot und mit gespreizten Flügeln, die an ein Kreuz genagelt waren. Lange Federn am Schweifende, die in einem grauen Aschehäufchen endeten, wellten sich im glanz der Sonne, welche am Horizont hell leuchtete. Der Vogel sah aus wie ein Fabelwesen, aber sie kam nicht auf den Namen des Tieres. So oder so saß diese junge Dame alleine an ihrem Buchenholztisch, mit leicht aneinander gepressten Beinen und nahm die erbarmungslos tickende Uhr wahr. Tick. Sie zögerte, tastete nach ihrer Halskette, nur um dann doch aufzustehen, stand aufrecht da, ihre Lieblingsschuhe gaben ihr Halt, zielstrebig, vielleicht auch ein wenig stur, nahm die kühle Türklinke in die Hand und öffnete die Tür mit einem Schwung leicht unterdrückter Aufregung und trat nach draußen. Tack.
Maggie nahm einen Atemzug. Herrlich. Vielleicht schmeckte Freiheit so. Die Sonne gab Maggie einen sanften Kuss. So zärtlich und doch bestimmend genug, dass Mag für einen Moment warm war. Der Stern umhüllte sie, schützte sie, wie es ein guter Freund in einer kalten Nacht tun würde. Maggie genoss es, während sie einen Fuß nach dem anderen setzte. Aus Gewohnheit wollte sie zuerst die übliche Route einschlagen, doch heute nicht. Sie wollte nichts wissen, vertraute alleine ihrer Stimme und ging in Richtung Osten.
Klick, klack. Klick, klick klack.
Maggie's Füße klapperten über den Asphalt. Sie ging, mal in Gedanken versunken, mal blickte sie nach rechts, ein andermal nach links. Geblendet wurde Maggie, gleichwohl sie hinsah. Bunte Werbeplakate, die einem so viel versprachen und doch niemals einhalten konnten. „Zen Buddhismus für Einsteiger – der Weg ins Glück“, „Seminar über Erfolg und finanzielle Unabhängigkeit“ , „Der sicherste Wagen der jemals gebaut wurde!“ Autos hupten, Menschen quasselten, vor ihr war der Markt. „Der beste Fisch der Stadt.“, schrie ein untersetzter Mann. „Hey Perle, heißes Gestell..“, ertönte eine Stimme. Die Sonne war nicht länger ihr Freund. Sie schwitzte, nein, sie klebte. Menschen drängten sich an sie, ohne Mag zu bemerken. Mag's Make Up zerlief. Ihre Brust zog sich zusammen. Es war beklemmend. Irgendeiner spielte fernab leise, schreckliche Musik und ihre Füße schmerzten schon jetzt. Sie wollte all dem entkommen. Da. Eine kühle, klare Brise streichelte sie. Was für ein tapferer Retter. Der Windhauch lotste sie in eine schmale, dunkle Seitengasse. Es versprach Erholung. Tatsächlich war es hier angenehm ruhig. Der laute Lärm war hier nur noch ein dumpfes wispern. Sie wusste nicht, dass hier eine ganz andere Gefahr auf sie wartete.
Schuhgeschäfte. Blaue, pinke, gelbe, schwarze. Egal ob hoch, flach offen oder geschlossen. Und an „Sale“-Schildern mangelte es auch nicht. „Ist das das Paradies?“ Gebannt schaute Mag sich Schuhe an, zog flache Ballerinas an, probierte hochgeschlossene Sandaletten oder bequeme Sneaker. Sie war im rausch. Am ende der Gasse bemerkte sie einen kleinen Laden. Wie magisch zog er sie zu sich. Davor saß eine kleine Dame. Sie sah bezaubernd aus. Doch ein ungutes Gefühl klopfte an ihrer Brust. Wie fremdgesteuert näherte Mag sich ihr und blickte der Frau sofort in ihre dunkelgrüne Augen. Augen, die ihr bekannt vorkamen. Tief sahen sich die beiden Frauen an. Unverzüglich regte sich ein Verlangen in Mag. Je länger sie sich ansahen, desto größer wurde dieses Begehren. Mag wollte etwas kaufen. Sofort kaufen. Heiß kroch das Gefühl in ihren Bauch. Nach einer gefühlten Ewigkeit sprach die Ladenbesitzerin zu Mag: „Guten morgen junge Dame, komm doch mit rein, ich zeige dir die schönsten Schuhe, die du jemals gesehen hast.“
Die Stimme der Frau war fließend, süß wie Honig. Und wieder schlich sich dieses Merkwürdige Gefühl in Maggies Wahrnehmung. Dennoch entfloh es Mag: „Ja liebend gerne.“ Die Begierde in Maggies Brust wurde immer größer. Heiß loderte das Verlangen. Mag konnte sich überhaupt nicht dagegen wehren. Sie wollte Schuhe sehen. Mechanisch setzte Maggie ihre Füße in Bewegung. „Gut, dann komm mit rein kleine.“ Maggie stockte. Eine Erinnerung, ein Bild drängte sich in ihr Bewusstsein. „Schau die Frau an Maggie!“, hallte es in ihrem Kopf. Und Maggie hörte darauf. Unter Mühe konnte sie den blick von diesen fichtengrün glänzenden Augen abwenden und erschrak, als sie das Gesicht der Alten deutlich sah. Baff trat Maggie einen Schritt zurück. Jetzt war ihr klar was nicht passte. Diese alte Hexe hatte ein total vernarbtes Gesicht, einen schiefen Rücken und auf ihren Augenlieder waren unzählig viele kleine Warzen. Das heiße Gefühl der Gier war schlagartig aus Maggie gewichen. Nun kam auch die Erinnerung zurück. Maggie wollte nur noch weg. Raus aus der Stadt.
„Danke, aber ich habe es mir anders überlegt. Ich bin ganz zufrieden mit denen, die ich trage.“ Maggie drehte sich um und ging weiter. „Schau sie dir doch wenigstens mal an.“, bettelte die alte mit krächzender Stimme. Maggie fühlte sich erleichtert. Stark. Ihre Energie und Entschlossenheit kamen zurück. Während Maggie die Situation noch einmal im Kopf abspielte, endete die Gasse allmählich und führte auf einen Feldweg. Weg von dieser schmutzigen Stadt zu einem Wald.

Der Wald war bezaubernd. Friedvoll. Das Licht war gedämmt, denn die hochstehenden Bäume ließen nur vereinzelte Lichtstrahlen durch. Und doch war es ein wenig unheimlich. Still. Merkwürdig Still. Keine Vögel die sangen, kein plätschern eines Baches. Und auch keine Grillen, die um die Wette zirpten. Nur dieser kleine Waldpfad, der sich um Bäume und Steine windete. Maggie traute sich nicht ihn zu verlassen. Während Maggie so ging und ihre Schritte zählte, vernahm sie plötzlich ein rascheln. Maggie stockte der Atem. Ein ohrenbetäubendes Grunzen, zerriss die Stille. Maggie zuckte zusammen. Kalter, nasser Angstschweiß rann ihr den Körper entlang. Vor ihr stand ein ausgewachsenes Wildschwein. Rießig, imposant und furchteinflößend starrte er mit

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