Bestandsaufnahme am 15. September 2017

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von Marie Mehrfeld

Die Dächer schimmern silbern; Dauerregen. Vor dem eingestaubten gesammelten Fontane im letzten Bord betet noch immer der goldene Engel vom Weihnachtsmarkt, daneben das gleichgültige Schielen der mexikanischen Puppen aus Pappmaschee. Kater Max hat sich wieder durch fremde Näpfe gefressen und stinkt nach Bratkartoffeln und ranzigem Öl, soll er doch, deine schwarzen Schuhe kreuz und quer unter dem Küchentisch, ich halte die Luft an, zähle bis dreißig, nichts atmet, Kleinmut, und meine Schultern so schwer. Unausgesprochenes tropft grün von der Lampe, auch die Träume schweigen heute im Schatten. Schmerzende Stille überall. Mein Leben verlangt nach Betrachtung.

Diese persönliche Nabelschau wird durch die Nachrichten unterbrochen: Wie die "Sun" online berichtet, seien in London heute Menschen mit Verbrennungen aus der U-Bahn geflohen. Auf der Webseite der Zeitung "Metro" heißt es, Passagiere hätten nach der Explosion eines weißen Behälters Verbrennungen im Gesicht erlitten. Augenzeugen sprachen von einem lauten Knall und einer "Flammenwand", die sich in dem U-Bahn-Waggon ausgebreitet haben soll. Mit seinem neuen Raketentest zeigt Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un der Welt, wie ihn die jüngsten Uno-Sanktionen beeindruckt haben: gar nicht. Russische und weißrussische Truppen befinden sich in einem Großmanöver nahe der Nato-Grenze. Die Übung sei rein defensiv, behaupten Minsk und Moskau. Polen, das Baltikum und die Nato zweifeln daran. Gleichzeitig kommt es zu einer beispiellosen Zunahme von Nato-Aktivitäten in der Nähe von Russlands Grenzen, Moskau sieht darin den Versuch, einen neuen Kalten Krieg zu starten. Gefährliches Säbelrasseln direkt vor unserer Türe. Polizei lässt in Bayreuth eine Bande von Autodieben hochgehen, sie sollen teure Autos in ganz Deutschland geklaut, in Tschechien zerlegt und dann verkauft haben. Die mutmaßlichen Täter sollen vor allem aus Moldawien und Rumänien stammen. Ein abgebrochener gigantischer Eisberg doppelt so groß wie das Saarland treibt nun im Meer vor der Antarktis. Es wird Jahre brauchen, bis er geschmolzen ist. Forscher fürchten, dass nun das Larsen-C-Schelfeis zerfallen könnte. Mindestens 58 Menschen sind durch die Folgen eines tagelangen Monsunregens in Nepal ums Leben gekommen, vor allem der Süden des Landes ist betroffen. Sturmtief Irma hat auch in Kuba große Verwüstungen verursacht, selbst Havanna steht unter Wasser, die Regierung ließ nahezu eine Million Menschen in Sicherheit bringen. Das ist nur ein Teil der Horrornachrichten vom Tag. Nichts heute von Syrien, dem Irak, Afghanistan, den Flüchtlingen weltweit und dem Hunger der Welt ...

Die Welt ist im Aufruhr, unsere Erde leidet. Alles in Auflösung? Ich schalte ab, bin vollständig überfordert. Mehr will und kann ich jetzt nicht hören und lesen. Es klingelt. Nana steht vor der Türe. Heute ist Großputztag, ein überschaubares Ereignis mit garantiert gutem Ausgang. Vorübergehendes Aufatmen.

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