Die Dächer schimmern silbern; Dauerregen. Vor dem eingestaubten gesammelten Fontane im letzten Bord betet noch immer der goldene Engel vom Weihnachtsmarkt, daneben das gleichgültige Schielen der mexikanischen Puppen aus Pappmaschee. Kater Max hat sich wieder durch fremde Näpfe gefressen und stinkt nach Bratkartoffeln und ranzigem Öl, soll er doch, deine schwarzen Schuhe kreuz und quer unter dem Küchentisch, ich halte die Luft an, zähle bis dreißig, nichts atmet, Kleinmut, und meine Schultern so schwer. Unausgesprochenes tropft grün von der Lampe, auch die Träume schweigen heute im Schatten. Schmerzende Stille überall. Mein Leben verlangt nach Betrachtung.
Diese persönliche Nabelschau wird durch die Nachrichten unterbrochen: Wie die "Sun" online berichtet, seien in London heute Menschen mit Verbrennungen aus der U-Bahn geflohen. Auf der Webseite der Zeitung "Metro" heißt es, Passagiere hätten nach der Explosion eines weißen Behälters Verbrennungen im Gesicht erlitten. Augenzeugen sprachen von einem lauten Knall und einer "Flammenwand", die sich in dem U-Bahn-Waggon ausgebreitet haben soll. Mit seinem neuen Raketentest zeigt Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un der Welt, wie ihn die jüngsten Uno-Sanktionen beeindruckt haben: gar nicht. Russische und weißrussische Truppen befinden sich in einem Großmanöver nahe der Nato-Grenze. Die Übung sei rein defensiv, behaupten Minsk und Moskau. Polen, das Baltikum und die Nato zweifeln daran. Gleichzeitig kommt es zu einer beispiellosen Zunahme von Nato-Aktivitäten in der Nähe von Russlands Grenzen, Moskau sieht darin den Versuch, einen neuen Kalten Krieg zu starten. Gefährliches Säbelrasseln direkt vor unserer Türe. Polizei lässt in Bayreuth eine Bande von Autodieben hochgehen, sie sollen teure Autos in ganz Deutschland geklaut, in Tschechien zerlegt und dann verkauft haben. Die mutmaßlichen Täter sollen vor allem aus Moldawien und Rumänien stammen. Ein abgebrochener gigantischer Eisberg doppelt so groß wie das Saarland treibt nun im Meer vor der Antarktis. Es wird Jahre brauchen, bis er geschmolzen ist. Forscher fürchten, dass nun das Larsen-C-Schelfeis zerfallen könnte. Mindestens 58 Menschen sind durch die Folgen eines tagelangen Monsunregens in Nepal ums Leben gekommen, vor allem der Süden des Landes ist betroffen. Sturmtief Irma hat auch in Kuba große Verwüstungen verursacht, selbst Havanna steht unter Wasser, die Regierung ließ nahezu eine Million Menschen in Sicherheit bringen. Das ist nur ein Teil der Horrornachrichten vom Tag. Nichts heute von Syrien, dem Irak, Afghanistan, den Flüchtlingen weltweit und dem Hunger der Welt ...
Die Welt ist im Aufruhr, unsere Erde leidet. Alles in Auflösung? Ich schalte ab, bin vollständig überfordert. Mehr will und kann ich jetzt nicht hören und lesen. Es klingelt. Nana steht vor der Türe. Heute ist Großputztag, ein überschaubares Ereignis mit garantiert gutem Ausgang. Vorübergehendes Aufatmen.
Kommentare
Mit geht es ähnlich, Marie. Ich lebe mein kleines feines Alltagsleben, schaue in den idyllischen Garten, grüße die Nachbarn freundlich, mache auch im Regen meine Radtouren und versuche, auszublenden, was in der Welt geschieht, weil es kaum aushaltbar ist, dass sich in Auflösung zu befinden scheint, was mein Leben ausgemacht hat. Dann aber schalte ich um, denke an die Geschichte des letzten Jahrhunderts mit den zwei Weltkriegen - und stelle fest, mir geht es doch so gut wie nie, ich jammere auf zu hohem Niveau. Zuversicht ist trotz und alledem angebracht.
Danke, Detnar.
LG - Marie
Begegnungen mit Aliens wird's kaum geben -
Da jene schlau vor uns entschweben ...
(Großputztag bringt großen Frust:
Dazu hat Krause NIEMALS Lust ...)
LG Axel
Danke, Axel.
Aliens sind hier nicht von Nutz -
besser ist der große Putz.
LG - Marie
Ich muss gleich die Nachrichten hören, liebe Marie, hatte die ganze Zeit Ohropax in den Ohren und habe (fast) nichts gehört. Danke für deinen Bericht. Das ist ja Wahnsinn.
Liebe Grüße,
Annelie
Liebe Annelie, danke, das war gestern,
habe absichtlich nicht nachgeschaut,
welcher Wahnhsinn heute passiert ist ...
Liebe Grüße - Marie
Liebe Marie, Dein Bericht,
so klar strukturiert, trifft mich
beim Versuch, mich zu entspannen,
nun ratterts im Kopf, die Ruh zieht von dannen.
Jetzt schau ich in den Garten, genieße sattes Grün.
Und werd mich, so rasch ich kann, um Ablenkung bemühn.
Danke für Deine detaillierte Situationsbeschreibung.
LG Monika
Danke, liebe Monika. Hoffentlich hast du dich inzwischen "ent-rattert", wie ich auch, bin zu meinem eigenen Umfeld zurück gekehrt - versuche, da friedliche Stimmung zu verbreiten, das hilft immer wieder.
Liebe Grüße - Marie
Ja, es ist deprimierend, liebe Marie. Ich bin an Nachrichten und Berichten und auch Tatsachen-Gedichten sehr interessiert, aber oft auch überfordert von diesen, was mich auch nicht selten leicht aggressiv macht. Hinzu kommt das, vor allem meine Tochter mir im Detail auch die französische Lage im Land vermittelt, so weit ich nicht alles mitkriege und Frust und Sorge wachsen weiter … Ich frage mich sehr oft, wann die Welt und der Mensch entschleunigen und (friedlich) zurückfahren? Wer im Kopf nicht merkt das alles aus dem Ruder läuft, der fühlte es zumindest und doch … Die Ohrstöpsel, die Annelie raus genommen hat, stecke ich mir gleich wieder rein, und Ruhe und Friede ist, wenigstens eine Zeitlang.
Wünsche dir einen entspannten Nachmittag und
liebe Grüße
Soléa
Liebe Soléa, danke. Ent-schleunigen und die Emotionen zurückfahren – ist das einzig Hilfreiche. Wir können in unserem persönlichen Umfeld die Gedanken in eine friedliche Richtung lenken.
Liebe Grüße - Marie