Es war einmal, als der liebe Sonnenschein …

Bild von Alf Glocker
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Es war einmal, als der liebe Sonnenschein auf die nackte Erde fiel und sich schämte. Denn die Erde machte ihn unwahrscheinlich an und nirgends war ein Beichtsuhl zu sehen, wo er sich hätte freisprechen lassen können. Doch der bevorstehenden Sünde war er sich gewiss – ahnte er doch, was auf sie beide – ihn und die nackte Erde – zukommen würde. Nein, mit „Würde“ würde das vermutlich nichts mehr zu tun haben! Eher schon mit einem waghalsigen Versuch, fragwürdiges Glück zu erschaffen und es gleich darauf wieder kopflos aufs Spiel zu setzen. Das wäre jedoch keine bloße Leidenschaft!

Hier ging es bald ums Überleben! Aber es war ja noch nichts vorhanden oder Füßen, was da sündhaft überleben wollte. Doch das sollte sich bald dramatisch verändern, befürchtete der liebe Sonnenschein, und er versuchte mit aller Kraft der nackten Erde auszuweichen. Leider war es bereits zu spät! Denn ehe er sich versah – der Sonnenschein reagiert für gewöhnlich, wie auch für ungewöhnlich sehr, sehr langsam – hatten sich Ozeane und feste Landmassen gebildet … und überall tummelten sich wildgewordene Bakterien.

„Ein Zeller kommt selten allein“, argwöhnte der liebe Sonnenschein und kam neugierig der nackten Erde bedrohlich näher. Er durchdrang die frisch entstandenen Luftschichten, küsste den Boden, ohne sich auch nur einmal bücken zu müssen – und bald vertrieb er sich die lange Weile mit den zarten Teichjungfern an den unzähligen Tümpeln der Vorzeit.

Er beobachtete, mehr oder weniger, aber schon eher mehr, was sich aus den ersten Schlammspringern entwickelt hatte: furchterregende Dinosaurier zertrampelten nicht das Gras, denn zu ihrer Zeit gab es noch gar keines, sondern einfach andere Pflanzen und sie warfen schrecklich große Schatten und deren spätere Ereignisse, die man gerade heute wieder deutlich sehen kann, weit voraus.

Da nahm sich der Sonnenschein einige Jahre frei. Ein riesiger Meteorit hatte ihm zu einem wundervollen Urlaub verholfen, denn er schlug, in der Nähe des viel späteren Yucatan ein, explodierte mit der Kraft vieler engelhafter Satanstonnen und verdunkelte den Himmel so stark, daß kein Lichtstrahl mehr den Boden erreichen konnte. Nun war die Erde nicht länger nackt, sondern züchtig verschleiert, was Gott vermutlich gefallen hätte, wenn damals schon ein richtiger Prophet existiert hätte. Aber dem war nicht so!

Im Gegenteil: Gaanz langsam klarte sich der verhangene Himmel wieder auf, was nunmehr erneut sehr viel lustvolle Arbeit für den lieben Sonnenschein mit der nackten Erde bedeutete. Diesmal befruchtete er sie aus Mitleid mit den verstorbenen Giganten der Schöpfung und ließ sowohl bisher unbekannte Pflanzen wie auch erstaunliche fleischliche Leiber wachsen, die an Schönheit sogar die Nacktheit der Erde noch überbieten sollten.

Alles gedieh doppelt so gut wie beim ersten Mal! Der liebe Sonnenschein hatte eine wahre Freude daran zuzusehen, was sich alles, im Verlauf der Jahrmillionen, in ihm zu aalen begann. Trotzdem erschrak er! Zugegeben – die nun entstandenen Geschöpfe waren viel intelligenter als die alten – nicht klüger, aber intelligenter – aber man merkte nicht viel davon: Es gab immer noch genauso viel Grausamkeiten wie eh und je.

Und als endlich das (manchmal, aber nicht immer) schönste Geschöpf auf der Welt erschien, das man sich vorstellen konnte (der Mensch), da erkannte der liebe Sonnenschein, daß hier ein Beichtstuhl auch nicht mehr viel helfen konnte. Denn dieses Geschöpf missbrauchte seine Schönheit, indem es den Neid weniger Schöner auf seinen Schmuckstücken herumtrampeln ließ, indem es fast alles was es erschuf auch wieder zerstörte und dazu auch noch die Schönheit des Geistes beschimpfte, wo es nur ging …

Denn es ging immer noch, wie zu allen Zeiten vorher, ums nackte Überleben, ob es sich nun um schöne Nackte oder die geschickt verhüllte Hässlichkeit handelte, der man den Reiz des Geheimnisvollen anzudichten begann, damit die Schlammspringer Oberwasser behielten. Und das veränderte schließlich die Sicht des lieben Sonnenscheins auf die nackte Erde, wo es ums nackte Überleben ging … und er schämte sich mehr als jemals zuvor. Sollte er sich, bis in alle Ewigkeit zurückziehen?

Er beschloss, vorläufig noch nichts zu beschließen, sondern im Gegenteil den endgültigen Beschluss, den Gieraffen, den Neidhammeln, sowie den urtümlichen Schlammspringern zu überlassen, die schon wissen würden, wie sie sich selbst zu beurteilen hatten. Kein Lichtstrahl würde mehr auf dem andern bleiben. Das wusste der liebe Sonnenschein nun auf einmal, weshalb er seine Bahn auch nicht mehr zu ändern gedachte. Bald konnte er wieder ungehindert die nackte Erde betreten, ohne sich für irgendetwas schämen zu müssen. Denn es würde ja nie etwas gewesen sein!

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Kommentare

19. Mär 2020

Wer braucht den lieben Sonnenschein?
Heut findet man den Geldschein fein ...

LG Axel

19. Mär 2020

Deine Phantasie,
wie mag ich die!

20. Mär 2020

Vielen herzlichen Dank liebe Freunde!

LG Alf