Schizophrene Fragen nach dem Paradies

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von Alf Glocker

Schizophrene Fragen nach dem Paradies

Ein Schizophrener stellt sich für gewöhnlich doppelt so viele Fragen wie ein nicht Schizophrener. Das geht allein schon daraus hervor, daß seine Persönlichkeit gespalten ist – das nimmt man jedenfalls an. Aber das ist manchmal gar nichts gegen Fragen, die sich ein scheinbar nicht Schizophrener stellt. Der Fragenkatalog eines nicht Schizophrenen kann nämlich auch absolut schizophren sein. Denn dabei geht es nicht nur um die Klärung solch weltbewegender Rätsel, wie z.B : „Wie viel ist 1 + 1?“ Es geht auch nicht darum zu wissen, was nun eigentlich Liebe ist und unter welchen Umständen sie vorkommt, respektive vorkommen darf, und welchen Sinn sie hat – nein, es gibt noch weit komplexere Komplexe an Fragen, die allein schon auf geistig seltsame Zustände hindeuten können!

Wie schizophren ist es denn beispielsweise zu fragen: „Wo ist das Paradies?“ Geradezu absurd ist es darüber hinaus, es im „Himmel“ zu vermuten, weil man da erst einmal klären müsste, was das ist, ein „Himmel“ und wo der zu finden wäre, wenn es ihn denn gäbe. Und, gäbe es ihn, wäre er dann bereits das Paradies? Dafür wurde von angeblich nicht Schizophrenen eine ungeheure Menge an Papier verschwendet, es wurden Predigten verfasst und leider auch gehalten und sogar „wissenschaftliche“ Vermutungen angestellt, die nicht nur ein gerüttelt Maß an Humor aufweisen, sondern insgesamt als Sagichmalwiedernicht bezeichnet werden müss(t)en – wenn sie nicht von so vielen erwachsenen Sagichauchnicht ernst genommen werden würden.

Wir leiden, genau genommen, geradezu unter einer Paradiesplage, die über die Menschen hereingebrochen ist, damit anscheinend noch der letzte einigermaßen frei funktionierende Kopf zugemüllt werden kann – im Angesicht einer dermaßen verrückt dargebrachten Verehrung in den ulkigsten Schattierungen, daß einem das haltlose Lachen kommen könnte, wenn es einem nicht im Halse stecken bliebe. Den Rattenfänger von Hameln möchte ich, in diesem Zusammenhang, ab sofort als einen Ratten-Anfänger-Fänger bezeichnen! Im Vergleich zu den heutigen Verkündern der schizophrensten Paradiese war der völlig talentfrei. Heutzutage würde er keinen Hund mehr hinterm Ofen hervorlocken. Wir folgen den entschieden entsetzlicheren Tönen!

Natürlich kommen dazu noch diverse Drohungen, die uns den Glauben an die schönsten Paradiese NOCH leichter machen sollen – denn jedem Paradiesglauben steht die Furcht vor einer Hölle gegenüber. Was heißen will: Wer nicht an das oder das oder das Paradies glauben möchte, der kommt später einmal in die Hölle – und die ist ausnahmsweise überall die gleiche. Man wird dauerverbrannt, gepiesackt, gequetscht, gewalzt, gefünfteilt, zerfetzt, usw. Was man sich Böses vorstellen kann – in der Hölle wird es noch locker übertroffen! Und wir sind wahrlich imstande, uns allerhand Böses vorzustellen. Wir tun sogar manchmal derlei, um in das Paradies zu gelangen! Aber das ist nicht schizophren ...!

Schizophren ist es, nicht ins Paradies kommen zu wollen, wo uns Engel die feinsten Speisen auf goldenen Tellerchen servieren, wo Löwen und Schafe zusammen grünes Gras fressen und wo sich alle furchtbar liebhaben. Dort gibt es Obst in Massen, süß wie die Sünde – äh, nein, nein, nur das nicht – Jungfrauen, so viel Mann haben möchte ... warum eigentlich? ... immer schönes Wetter, und dann eben noch diese wunderbare Ewigkeit, in der es einem oder zweien oder dreien, die in einem reinen Geiste beieinander sind (sonst wären sie ja wohl nicht ins Paradies gekommen), um „Hosianna“ oder sonstigen Kauderwelsch von sich zu geben. Es ist also ein reiner Spaß, dieses Paradies. Die meisten müssen es sich mühsam erarbeiten, aber, oh Wunder, einige haben es jetzt schon! Womit wir dann auch gleich wissen, wo es sich tatsächlich befindet: hier, auf Erden, direkt mitten unter uns! Ist das nicht verblüffend?!

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Paradiese im Jenseits??

Paradies und Paradas,
sind ein Paraphrasenirgendwas -
am Ende gar ein Paradox?
Dahin kommt nur das Gesox!

Wem das Paradies versprochen,
hat den Braten nicht gerochen -
er war dämlich, ohne Ende:
für den Quatsch die Lebensspende!

Nur wer hirnlos ist und dumm,
nimmt denjenigen nichts krumm,
die von „Paradiesen“ sprechen -
doch sie dienen dem Verbrechen!

Volksverblödung ist zwar in
und sie macht auch einen Sinn -
den, daß man mal wieder kriecht,
geistig in der Armut siecht ...

doch am End' ist's für die Katz!
Denn im Paradies den Platz
für den Dienst noch zu erhalten,
der erbracht wird von Gestalten,

die erwarten „es ist echt!“,
das ist nicht nur wirklich schlecht -
es ist auch tierisch primitiv!
Wer da denkt, der lacht sich schief!

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