Die Angst im Zenit

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von Alf Glocker

Immer wenn meine Angst ihren Zenit erreicht, denke ich an Macht. Natürlich auch an die Macht, die mir persönlich fehlt, aber hauptsächlich an die Macht, die von außen auf mich zukommt. Meistens komme ich dabei ins Schwitzen! Vergeblich versuche ich mich zu beruhigen, indem ich an Strukturen denke, an geschaffene Werte.

Ich denke an die Industrie, das Bankwesen, die Wissenschaften, das Militär und an freie Wahlen. Über Jahrtausende hat das die Menschheit entworfen und aufgebaut. Und was ist jetzt? Jetzt habe ich Angst!

Ich habe aber nicht nur Angst VOR den Strukturen, ich habe auch Angst UM die Strukturen, denn sie sind fragil und, was mir dann einfällt, sie spielen eine untergeordnete Rolle! Klar – mit ihrer Hilfe haben vor allem die sogenannten „zivilisierten“ Nationen der Welt schier unglaubliche Kriege geführt. Das war schon zum Lachen…

Doch andererseits haben sie niemals gänzlich begriffen, warum das brummeldumm war! Ihre klügsten Köpfe verloren die Übersicht, denn die Gedankenwege haben sich im Dickicht der Korruption und der Wirtschaftlichkeit von Produktion und Vertriebsmethoden verstrickt: ein völlig unrealistisches Bild der Wirklichkeit wurde dadurch auf die Horizonte derer projiziert, deren vergebliches Mühen sich in hochtrabenden Finanzstrategien ausdrückt. Daher die Angst!

Denn die Macht kommt einzig und absolut allein aus der Liebe! Sie braucht nicht Erfindergeist oder Waffentechnik, nicht moderne Architektur und ausgefeilte Landwirtschaft, sie braucht Gefühle! Und diese „Gefühle“ entstehen in allen Wesen, egal welchem kulturellen Stand sie angehören. So einfach ist das! Daher die Angst!

Liebe ist nämlich rücksichtslos, sie fragt nicht lange, warum es sie gibt – sie ist einfach da! Der Faschismus der Liebe ist deshalb auch gefährlicher als andere Waffen, die, von Menschenhand erfunden, für trügerische Sicherheiten sorgen. Er diktiert, er schlägt los, er erzeugt und zertrümmert – überall wo er hinkommt. Die von ihm Betroffenen aber können nicht ausweichen: sie lieben einfach!

Wer die Mittel hat, die natürlichen Ergebnisse der Liebe an sich vorübergehen zu lassen, der verkriecht sich hinter seinen, in Jahrtausenden geschaffenen Strukturen. Er denkt ans Leben und daran was er daraus machen könnte. Ganz zuletzt denkt er erst an die nackte Existenz. Und wenn ihn eine blinde Religionswut nicht davon abhält, sich vor den Naturgesetzen in Sicherheit zu bringen, dann liebt er nur bedingt.

Wer aber frei ist von Wohlstand und höherer Mathematik, von Kunst und Philosophie, dessen Kreativität bezieht sich allein auf die Liebe. Ob die Ergebnisse daraus nun sterben oder nicht, ob er sie ernähren und betreuen kann, oder nicht, das ist ihm egal! Liebende sind haltlos: sich verfallen und gefallen in ein Gefallen, das letztlich grausamer ist als Korruption und Wirtschaftlichkeit! Und daraus entsteht die Not!

Aus der Not aber entsteht die Wanderschaft. Sie ist zwingend! Denn auch der Planlose will überleben, kreativ oder nicht. Dazu gehört einfach gar kein Erfindergeist, dazu gehört nur die Angst! Doch es ist nicht dieselbe Angst, die mich umtreibt – es die Angst vor einem tief verwurzelten Faschismus, der nichts weiter als die Vorherrschaft seines Fleisches erstrebt.

Er braucht werde freie Wahlen, noch fantasievoll geschaffene Strukturen, keine Würde und keine Doktrin, er braucht das Fleisch! Und am Ende bestimmt NUR das Fleisch! Kein Geist hat mehr das sagen, keine Organisation, keine Institution, wenn das Fleisch sich in allen Bereichen Bahn bricht um die „zuständigen“ Stellen zu übernehmen. Dann kann es sein, daß die Not zum Gesetz wird, denn wo das Fleisch nie darauf achten wollte, die Liebe und somit das Leben unter Kontrolle zu halten, dort erlischt auch der Anspruch des Einzelnen auf alles Erreichte. Punkt!

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