Spülbecken

Bild von Fräulein Jones
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Spülbecken. Es gibt sie in den unterschiedlichsten Formen. Rund, Oval, sogar viereckige hab ich schon gesehen. Ein Spülbecken ist ein erstaunlicher Ort. Wenn man darüber nachdenken will. Es ist ein Ort an dem man Dinge die schmutzig geworden sind wieder sauber machen kann. Es verfügt über glatte Oberflächen und über ein Rohr verschwindet Dreck – wohin auch immer, wen interessiert es schon, was nach dem Ziehen des Ablaufs passiert. Eigentlich eine gute Allegorie des Lebens wenn man so darüber nachdenkt. Wieso ich über Spülbecken nachdenke? Weil ich über einem lehne, Stirn an dem darüber angebrachten Wandschrank. Was ist darin? Genug um mindestens eine Woche nicht einkaufen zu müssen. Dennoch werde ich wahrscheinlich morgen einkaufen gehen, weil weder der Kühl- noch der Wandschrank etwas hergeben werden worauf ich Lust hab. Wenn das hier überstanden ist. Wie klischeehaft fraulich es doch ist, in so einer Situation über Spülbecken nachzudenken. Ok, in irgendeiner Situation über Spülbecken nachzudenken ist schon im Allgemeinen ziemlich seltsam.

Darüber sollte ich wohl mal nachdenken. Öhö, du hast nachdenken gesagt! Die Situation also. Robin liegt auf dem Bett, ich lehne über der Spüle. Mit der Stirn am Wandschrank. Aber das hatten wir ja schon. Sein Oberkörper ist wie immer frei. Manche Männer schaffen es ja nicht, im Haus ein Shirt anzuziehen. Wie ein Proll der zeigen muss, dass sich die Stunden im Fitnessstudio ausgezahlt haben. Was sie allerdings in Robins Fall schon haben, das muss man zugeben. Die Brust ist wohl zu behaart um von einem Adonis zu sprechen, mir aber genügt sie vollkommen um mich sabbern zu lassen. Oder hat sie jedenfalls mal. Weil heute ist der Tag, an dem alles vorbei ist. Sein wird. Robin redet von einer Pause und meint Trennung auf Probe, ich rede von einer Pause und meine Er-denkt-darüber-nach-was-er-falsch-gemacht-hat-und-dann-werden-wir-glücklich. Ja, verklärt, ok. Dumm und naiv vielleicht auch. Aber eben auch verliebt. Und das obwohl alle immer sagen, dass die Phase des Verliebtseins nicht so lange hält. Hat sie bei mir aber. Zählt man die Zeit, die wir während der Fernbeziehung wirklich miteinander verbracht haben, dann sind wir wohl gerade mal ein, zwei Monate zusammen. Da darf man ja wohl noch verliebt sein. Robin ist es jedenfalls nicht mehr. Das merkt man. Ich merke es und er fragt dann ´was meinst du?´ aber ich weiß dass es für ihn nicht mehr dasselbe ist. Für ihn sind die Monate wie Jahre gewesen und nicht wie für mich ein Monat ein Tag. Er hat darunter gelitten, vielleicht mehr als ich. Ich hab zwar mehr geheult, er hat aber mehr gelitten. Weil ich ihn nicht so annehmen konnte wie er war, immer mehr wollte. Wollte den perfekten Mann für mich – weil, das hab ich ja wohl verdient. So denkt man doch. Robin will mich nicht mehr, das spürt man. Ich. In fünf Wochen werden wir uns wiedersehen sagt er. Bis dahin ist diese ominöse Pause angesagt. Aber was heißt das schon? Pause. Eine Unterbrechung von etwas, das danach weitergeht. Ein vorübergehender Stop. Etwas was aufgehoben werden kann. Oder so. Aber ich spüre, dass es nicht das ist was er möchte. Er sagt zwar das eine, meint aber das andere. Ich dachte sowas machen nur Frauen. Wahrscheinlich tut er das nur, damit bei mir nicht wieder die Sintflut einbricht. Im Gesicht, nicht in der Hose. Ja, wenn Frauen heulen dann werden Männer ganz sanft. Auch wenn sie eigentlich wissen dass „Pause“ in diesem Fall das Wort „Trennung“ sein sollte können Tränen dazu führen, dass man sich da ganz schnell mal verspricht. Jetzt allerdings will er das nicht mehr zugeben – deshalb die Entfernung Spüle zu Bett.

Er kann jetzt natürlich nicht mehr zugeben dass er weich geworden ist. Dass ich ihn mit meiner Trauer weich gemacht habe. Das ist nun wieder typisch Mann. Kann Mann sich mal entscheiden? Ich merke, wie ich kapituliere. Ich beobachte noch eben, wie die letzte Träne die Schwäche zeigt zum Abfluss kriecht. Genau, verschwinde. Wohin du gehst interessiert eh niemanden. Nicht Robin, nicht mich und sonst auch keine Sau. Ich weiß was als nächstes passiert. Ich werde ihm zustimmen und ihm seinen Spaß lassen. Ich weiß was er unter der Pause versteht und werde versuchen auszublenden, dass er sobald er die Wohnung verlassen hat keinen Deut an sich arbeiten wird. Er wird nach Berlin fahren, sich einen Joint drehen (Achtung, Joint sagt man nicht, das sagen nur Bullen) und auf mich scheißen. Machen Männer das so? Weiß nicht, Robin wird das aber machen. Weiß ich weil. Er wird ein paar Tage trauern, ich will ja gar nicht sagen, dass er keine Gefühle hat. Aber er wird merken wie salbend die Ruhe sein kann, wie gut die Freiheit schmeckt. Wird nicht mehr an mich denken und wenn dann nur aus Mitleid. Und ich werd noch warten. Ja ich weiß, dumm und so. Aber ich werd trotzdem warten ob sich meine Gewissheit nicht doch in Paranoia und Unsicherheit auflöst. Frau darf ja wohl noch hoffen. Man nicht aber Frau? Wieso nicht. Aber er wird es mir sagen, heute in fünf Wochen. Wird zerknirscht sein und wird mich in den Arm nehmen.

Ich werde weinen, ja ich weiß es jetzt schon. Heulen werd ich wie ein Schlosshund. Und dann ist es vorbei, endlich vorbei und keiner wird mehr weinen und bemitleiden und jammern. Alles wird vorbei sein. Und dann dreht sich Robin einen Joint.