Mainstreamgezeiten (aus "Komische Wirklichkeiten")

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von Alf Glocker

Die Gezeiten des Mainstreams sind nicht vom Mond abhängig, sondern von den Mächten dahinter – dadurch fließt zumeist alles in eine absurde Richtung. Wie aber jeder weiß, ist es sehr schwer, gegen den Strom zu schwimmen, und wenn sich eine Flut erst einmal in Bewegung gesetzt hat, aber präventiv keine Dämme gebaut wurden, dann drohen unliebsame Überschwemmungen. Die kann man natürlich klein, oder wegzuquatschen versuchen, aber jeder, der sich vom Mainstream bedroht fühlt, sieht leider immer noch, wie die Flut immer höher steigt, und da die meisten derer, die bedroht sind, nicht ertrinken wollen, hört man sie auch verstärkt jammern. Aber wer jammert, fällt unangenehm auf, außer er jammert mainstreamkonform ...

Die guten MIT-Schwimmer, die aber nicht unbedingt als Freischwimmer bezeichnet werden können, obwohl sie das staatlich beglaubigte Freischwimmer-Abzeichen haben, geraten ebenfalls in den Sog, den sie lange Zeit frech abgestritten haben. Dann werden auf einmal echte Rettungsschwimmer gebraucht! Meistens haben sich aber, im Zuge des Mainstream, dann schon Haie und Piranhas so extrem in den fließenden Massen des Elements ausgebreitet, daß nur noch Gewaltlösungen tauglich erscheinen: Das jedoch ist nun auch wieder nicht tragbar, denn gerade der Mensch braucht Sicherheiten.

Fälschlicherweise liefert die allesamt der Mainstream – und zwar unabhängig davon, ob er von staatlich subventionierten Mainstream-Machern erfunden worden ist, oder ob er natürlich entstand. Im ersten Fall handelt es sich um einen inszenierten Mainstream – ein Produkt von gewitzten Fachleuten, die gewisse Dämme gebrochen sehen wollen, weil sie von einer Mafia, aus diversen Fremd-Interessenvertretern entweder bezahlt werden, oder von solchen Leuten Angebote bekommen haben, die sie nicht ablehnen können. Für den ganz normal Hin- oder Mitgerissenen, den die Uferbefestigung nicht mehr halten konnte, ist das einerlei.

Es ist sehr schwer, Unterscheidungen zwischen einem „echten“ und einem „falschen“ Mainstream zu unterscheiden. Beide sind von hinter dem Mond und haben nichts mit Magnetismus zu tun – außer dem Messmers (siehe Messmerismus) vielleicht, dem es ja schon vor einiger Zeit gelang, relativ harmlose Leute zu „magnetisieren“. Seltsamerweise wirkte das auch bei den meisten Leuten, während sein Magnetismus beispielsweise bei Alkoholikern völlig versagte. Wie soll man sich also, angesichts der freien Wahl zwischen dem Mitschwimmen, dem Ertrinken oder dem Zusaufen entscheiden? Das Zusaufen kann es ja wohl nicht sein, obwohl dies zunächst wie eine zuverlässige Methode erscheint.

Ob man es vielleicht einmal mit dem freien Denken versuchen sollte? Das ist eine selten geübte Disziplin, die keinen Antreiber braucht! Sie funktioniert nicht auf Galeeren und richtet sich nach keinem (Werbe)Trommeltakt. Das freie Denken kommt einfach vor – völlig natürlich, und es lässt sich niemals beirren! Einen Nachteil hat es allerdings: es ist nicht erwünscht! Und deshalb wird uns wahrscheinlich auch nichts anderes übrig bleiben, als Gezeiten zu ertragen, die, ausgelöst von einer Macht hinter dem Mond, bei uns Verwüstungen anrichten können, die die Welt noch nicht gesehen hat. Vielleicht sollten wir uns Wachs in die Ohren stopfen, wie einst die Argonauten, damit wir die Sirenen nicht hören und ungestört Dämme gegen den Mainstream bauen können ...

Leute, die im Mainstream ertrinken, kann man übrigens nicht retten! Sie halten die Hände, die sich ihnen hilfreich entgegenstrecken, für Kraken-Fangarme, und sie verweigern auch Rettungsringe, die ihnen zugeworfen werden. Sie verstehen weder ihr eigenes Wort, noch das anderer, denn um sie ist das Rauschen der Zeit, mit einem derart ohrenbetäubenden Generalton, daß ihre ehemals gesunden Sinne betäubt zu Boden sinken. Es ist, als trügen sie einen Mühlstein um den Hals, der sie unweigerlich in die Tiefe zieht. Dort wird man eines Tages, so man kein Glück hat, auf ihre Skelette stoßen und zu Tode erschrecken. Wer verschont bleibt und nicht weiß, was die Katastrophe schließlich und endlich ausgelöst hat, der wird sagen: „Mainstream? Ich war niemals, in einem dabei!“

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