Das Unverblümte wäre eigentlich gut, weil es dazu dienen könnte, Sachverhalte aufzudecken. Aber gerade deshalb wird es als schlecht hingestellt, damit die Urkraft des Bösen erhalten werden kann. Denn das Böse ist immer daran interessiert, daß die Wahrheit nicht aufkommt – Wahrheit und Wirklichkeit müssen verschieden bleiben!
Wenn nun aber einer hergeht und unverschämt die Wahrheit verkündet, dann belästigt er das Volk! Er darf getrost „Verführer" genannt werden! Dank seines Einsatzes kann es vielleicht vorkommen, daß einer unter 100 begreift und etwas an seinem Leben ändern möchte, also ER SELBST! Dieser eine möchte dann alle EMPFOHLENEN Lebensänderungen ausschlagen und eine EIGENE für sich anwenden ...
Daß dies nicht funktionieren kann, liegt auf der Hand! Er würde sofort mit den Interessenvertretern sämtlicher anerkannter Organisationen in Konflikt geraten, die sich keinesfalls als „verbrecherisch" titulieren lassen wollen. Und damit haben sie vollkommen recht! Wer von diesen Interessenvertretern weiß denn schon, daß er im Begriff ist, verbrecherisch zu handeln – da müsste er ja vorher die Wahrheit gewusst haben!
Nachdem die Wahrheit jedoch stets an der Wirklichkeit scheitert, ist es nicht mehr als recht und billig, das zu tun, was man versteht, denn nur dafür kann man auch einstehen. Was die Erfahrung dann bringt, steht auf einem ganz anderen Blatt! War man nun oder war man nicht? Man kann jedenfalls nichts gewusst haben, denn es ist schließlich nicht die Sache des „Einfachen Mannes auf der Straße" im Vorhinein zu wissen, was Wahrheit überhaupt ist.
Dafür hat man Leute, die das wissen, die einem das sagen, ohne daß man danach gefragt hat – Wahrheit ist nämlich für den einen schwarz und für den andern weiß ... ebenso wie beim einen der Apfel vom Baum fällt und beim anderen fällt er von der Erde AUF den Baum. Die einen sagen so und die andern so. Jeder hat recht! Es kommt eben nur auf die Einstellung an, Die Wirklichkeit aber sieht so aus, daß man JEDE Einstellung zu tolerieren hat, ob sie nun der Wirklichkeit oder der Wahrheit entspricht!
Wir schaffen also unsere Wahrheit selbst, wir sind von der Wirklichkeit beglückt, die wir vor unseren (ganz verschiedenen) Augen haben, und je edler die Gesinnung, desto mehr neigt sie zur Toleranz ... äh, nein – denn das kommt ja auch wieder auf die innere Einstellung an. Wir erinnern uns, die einen sagen so und die anderen so.
Wenn nun die einen, deren Brauch es ist, intolerant zu sein, intolerant sind, gegenüber denen, bei denen es Brauch ist, tolerant zu sein, dann ist das nicht intolerant, sondern eine Frage der zu tolerierenden inneren Einstellung, während es bei denen, die es gewohnt sind, tolerant zu sein, intolerant wäre, wenn sie ihrer inneren Einstellung folgten und die Intoleranz der Intoleranten als intolerant bezeichneten.
Hier klaffen Wahrheit und Wirklichkeit weit auseinander! Nein, hier klaffTen Wahrheit und Wirklichkeit weit auseinander, wenn ein die Wahrheit Sagender befugt wäre, die Wahrheit gegenüber der Wirklichkeit erwähnen zu dürfen. Nachdem dies jedoch aus guten Gründen verboten ist, können wir nunmehr wieder zur Tagesordnung übergehen.