Sprachen sind Hindernisse auf dem Weg der Völkerverständigung? Warum? Weil wir, wenn wir nicht verschiedene Sprachen sprechen würden, uns gedanklich völlig problemlos austauschen könnten? Wir müssten uns keinen lallenden, schnalzenden oder Worte verstümmelnden Kauderwelsch mehr anhören – könnten wir doch einfach die Gedanken unseres Gegenübers lesen …
So weit, so gut! Aber was sind denn „Gedanken“ überhaupt? Da gibt es die bewussten Gedanken, die unbewussten Gedanken und die automatischen Gedanken (derer sich leider hauptsächlich nur die Künstler, oder die Träumer (alte keltische Bezeichnung für Seher) bedienen. Letztere sind in „zivilisierten“ Nationen weitestgehend ausgestorben … was nicht immer nur ein dummer Vorteil ist.
Bewusste Gedanken machen wir uns, soweit wir das können, bei der Betrachtung einer Landschaft, eines Tieres oder eines Menschen. Gleich darauf bilden wir uns Urteile, was ebenso zum bewussten Denken gehört. Bei den unbewussten Gedanken ist es umgekehrt, wir werden von einer Stimmung, einer Furcht oder einem ererbten Gefühl „gemacht“, dominiert, damit wir nicht gleich alles bedenken müssen. Dafür fehlt manchmal die Zeit.
Die Automatischen Gedanken sind bisweilen Spuren einer Vision, einer tieferen Einsicht, eines kreativen Impulses, eben das Ergebnis einer Art Meditation, das uns geschenkt wird, wenn wir solchen Gedanken folgen können: in surrealistische Welten, aus der Tiefe der Seele – wo wir oft das Geheimnis der Wahrheit entdecken. Aber dafür braucht man generell sehr viel echte, nicht erlernte Toleranz – was für viele nicht ganz einfach zu sein scheint.
Gerade Militaristen, Glaubensanhänger, oder halt Leute, die sich schwer tun, eigene Ideen zu entwickeln, verwechseln „bewusstes Denken“ oft mit dem Einstudieren oder dem Wiederholen von festen Ritualen, die jede freie Denkform erübrigen bzw. für sie gefährlich erscheinen lassen. Solche Individuen sind dann schnell mit von der Partie, wenn einer hergeht und beginnt, unbotmäßige Charaktere zu schelten oder gar hinzurichten.
Kurioserweise begegnen uns derlei Erscheinungen oft genug im Rahmen von scheinbar sprachlichen „Verständigungsschwierigkeiten“, die eigentlich gedankliche Probleme sind, die von Freidenkern, aufgrund ihres generell positiv gestimmten, naiven Optimismus, zunächst gar nicht wahrgenommen werden (möchten). In diesem Fall sollte man sich rechtzeitig (so man ein Freidenker ist) fragen, wo die wahren Gründe liegen.
Ein nicht Verstehenkönnen ist eben manchmal auch ein listiges nicht Verstehenwollen, indem man die Sprache einfach als „natürliche“ Barriere interpretiert und ihr womöglich noch den Beinamen „Heilige“ verleiht – doch da ist Vorsicht geboten! Da muss man dann schon auch den Mut haben sich einzugestehen, daß – gäbe es keine Sprachen, sondern nur Gedanken – der Gesprächspartner erst recht nicht zu verstehen wäre.
Ein Vorteil der Gedanken, gegenüber einem rein verbalen Austausch, bliebe jedoch vermutlich bestehen: Es wäre nahezu unmöglich zu lügen! Wenn uns heute jemand sagte „Ich vertrete mit meiner Religion und meiner Person den Frieden“ und er dächte sich gleichzeitig, „Warte nur, balde ruhest du auch (und dann kann ich machen, was ich schon immer wollte)!“, dann würden wir das hören, oder spüren.
Eine reelle Völkerverständigung gäbe es dann sicher niemals! Wir könnten, unter solchen Umständen, lediglich versuchen, einen widerlichen Widerpart so gut es geht und solange es geht, zu ertragen, ihm seine Mentalität (um die es letztlich, beim Denken vor allem, geht) durchgehen zu lassen … aber „verstehen“ könnten wir ihn nicht! Im Gegenteil – dann käme noch erschwerend für eine Verständigung hinzu …
daß ein Irrtum, was die Unvereinbarkeit der Denk-Systeme angeht, ausgeschlossen ist! Das wiederum ist jedoch ebenso wenig auszudenken wie es wegzudiskutieren ist – es wäre eine Katastrophe! Anwälte und Polizisten, Politiker und Geistliche würden über Nacht arbeitslos werden, ihrer Befugnisse aus praktischen Überlebensgründen enthoben, müssten sie jämmerlich verhungern, wenn wir nicht so rücksichtsvoll wären.
Also belassen wir es doch einfach dabei – üben wir uns nie im Gedankenlesen! Werden wir keine Menschenversteher, duschen wir unter Eiszapfen, und bilden wir uns ein, es gäbe einen Beckenrand, der uns Halt bietet, wenn wir im Meer des weltweiten Wahnsinns zu ertrinken drohen. Glauben wir leichtschultrig, was man uns vorsagt, und sonnen wir uns in der Bescheidenheit des einfachsten Geistes. Dann wird alles …