Als die große Schwester aus dem Ferienlager zurückkehrt, zeigt sie stolz ihre Fotos.
Auf einem zieht eine bedrohlich dunkle Wolke über die See. Die Kleine starrt wie gebannt
das Schwarzweißfoto an. Sie hat noch nie die Ostsee gesehen.
„Schenk es mir“, bettelt sie und springt mit dem Foto durchs Zimmer.
Die Schwester lächelt, ihr ist etwas eingefallen. Sie sortiert ein paar missglückte Fotos aus.
„Die kannst du haben“, sagt sie gönnerhaft und verlangt für jedes Bild fünfzig Pfennig.
Die Kleine überlegt, geht und holt ihr Taschengeld.
„So“, sagt die große Schwester zur Mutter und legt den Daumen auf die Wolke,
„hat ein Junge den Finger vor das Objektiv gehalten, als ich auf den Auslöser drückte.“
Die Mutter grinst.
„Fünfzig Pfennig“, wiederholt die Schwester in einem seltsamen Ton, als die Kleine
mit dem Geld vor ihr steht. Verlegen bezahlt sie und merkt, dass etwas nicht stimmt.
Sie schämt sich und weiß nicht warum. Verunsichert schaut sie zur Mutter, die stimmt
heiter in das Lachen der Großen ein.
Heimspiel
von Monika Jarju
Prosa in Kategorie:
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