Anders kann ich den Tag nicht beschreiben.
Es ist grau.
Ist grau überhaupt ein Adjektiv?
Schießt mir die erste Frage durch den Kopf, während ich versuche wenigstens eine kleine Silhouette einer Wolke am Himmel zu entdecken.
Ist grau überhaupt eine Farbe?
Schießt mir die nächste Frage durch den Kopf, während ich versuche langsam aus dem Bett zukommen, nachdem ich mein allmorgendliches Wolkenspiel aufgegeben habe.
Endstand: Wetter grau - Kati null.
Habe ich überhaupt das Recht jemanden oder irgendetwas als grau zu bezeichnen?
- Ein nichtssagendes Wort, wie der heutige Tag.
Nachdem ich mir meinen ersten Kaffe gemacht habe, musste ich herausfinden, was es mit dem Grau auf sich hat.
Scheiß auf Yoga, scheiß auf Meditation, scheiß auf Rituale und Routinen, dachte ich mir an diesem grauen Tag.
Solange ich nicht weiß was grau ist, ist alles unbedeutend, quasi grau.
So klappte ich mein Laptop auf und stellte meine Suchanfrage bei Ecosia rein.
Wenigstens eine gute Tat an einem grauen Morgen.
„Als Grau wird ein Farbreiz bezeichnet, der dunkler ist als Weiß und heller als Schwarz“
- ist die erste ernüchternde Erklärung, die mir gleich angeboten wird.
Fuck, ist das ein scheiß Rätsel? Darauf war ich nicht vorbereitet vor meinem ersten Schluck Kaffee.
Was ist dunkler als Weiß und doch heller als Schwarz? - murmelte ich vor mich hin.
Die erste Antwort, die mir impulsiv durch den Kopf schoss, war so makaber, dass nur Anna gelacht hätte, ohne mich dabei als Rassisten zu verurteilen.
Doch jedem das Seine - und das Meine ist Grau.
Einem Persönlichkeitstest zu urteilen, den wir vor ein Paar Tagen gemeinsam angegangen sind, sind Anna und ich Grund auf verschiedene Typen.
Wie Tag und Nacht oder auch wie Schwarz und Weiß, doch verspielte und lustige Kumpel zugleich, mit einem respektlosem Sinn für Humor.
Ergibt meiner Logik zufolge doch also Grau?
Grau.
Anders kann ich uns nicht beschreiben.
Es ist grau.
Grau

von Ekaterina Neff
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