Schwärze! Tiefe Schwärze – dann tat sich das Höllentor auf! Dröhnende Schmerzen! Zuerst in einem feurigen Traum, der geprägt war von einer Suche ... von der Suche nach Gudrun? Nein, wenigstens nicht hauptsächlich:
Zoarn irrte durch ein Labyrinth aus brennenden Steinen und suchte einen Weg nach draußen.
„Zoarn!“ Wer rief da nach ihm? „Zoarn, mein Schatz, komm zu dir!“ Dann tat sich ein Lichtpunkt zu Mannesgröße auf und er konnte hindurch! Er versuchte sich aufzurichten, aber er war zu schwach! Er lag aufgebahrt, in einem Bett, als wäre es seine letzte Ruhestatt in diesem Leben.
Gudrun kniete seitlich neben ihm und hielt seine Hand. Der Schulte stand, zusammen mit ein paar ehemaligen Kriegern und Bauern etwas im Hintergrund. Mit lauter Stimme – die für Zoarn momentan etwas zu laut war – entschuldigte er sich für das Verhalten der Leute, die ihn niedergeschlagen hatten.
„Wir haben dich leider nicht erkannt in deiner neuen Rüstung. Du weißt ja, daß wir alle unsere Waffen abgeben mussten, damit der Feind freie Hand hat. Nun sind wir auf unsere Knüppel angewiesen, deren Vorhandensein auch schon nicht mehr gerne gesehen wird. Wahrscheinlich werden uns auch die in Kürze verboten werden.
Wir dachten du seist einer von den Herumstreunern, die darauf aus sind unsere Frauen zu vergewaltigen, oder uns umzubringen. Die Mädchen können im Sommer nicht mehr unbehelligt im Teich baden, weil sich das mit dem Glauben der Eindringlinge nicht verträgt“.
„Es ist eine Schande!“, stöhnte Zoarn, „früher durfte jeder freie Mann, der sich nichts zuschulden kommen hat lassen, eine Waffe tragen. Das gehörte einfach zu unserem Stolz“. „So ist es“, fügte ein ehemaliger Krieger hinzu, „es gab weniger Unfälle damit als mit Pferden und Fuhrwerken. Da hieß es noch nicht, die Büttel würden schon immer für Ordnung sorgen. Jetzt machen sie lächerlicherweise Jagd auf uns, wenn wir den Feind verschmähen“.
„Das hab ich gesehen“, jammerte Zoarn, „in der Stadt ist der alte Schuldturm voll von Einheimischen, die die Fremden als >Dreckspack< bezeichnet haben. Aber in den Gassen dort wimmelt es auch von Aufständischen“.
„Wie steht es nun um uns?“ erkundigte sich der Schulte.
„Nicht gut!“, gab Zoarn wahrheitsgemäß Auskunft. „Der Rat der Stadt berät im Augenblick darüber, ob Bürger, die den Beschluss der Königin nicht akzeptieren wollen, nicht sofort des Landes verwiesen werden sollen. Ihre Häuser hat man schon angezündet. Es gibt einfach zu viele Verräter, die mit den korrupten Grafen zusammenarbeiten“.
„Aber der Widerstand formiert sich?“
„Das kann man so auch nicht sagen! Es haben sich einige Moritatensänger eingefunden, die auf großen Tafeln gezeichnete Bilder vom Untergang eines Volkes zeigen, eines Volkes, das sich verhält wie wir uns verhalten, und dazu die passenden Verse singen – aber die bezeichnet man offiziell als Miesmacher, manchmal sogar als Volksverhetzer. Nichts Besseres hätten sie zu tun – so brüllen die Marktschreier – als friedliche Bürger zu Übergriffen gegen harmlose Schutzsuchende anzustacheln.
Einige unter den Sängern befinden sich bereits im Visier der königlichen Geheimbüttel-Garde. Niemand weiß, wann diese zuschlagen wird“.
„Das ist sehr besorgniserregend, mein Schatz“, meldete sich nun wieder Gudrun zu Wort. „Versprich mir, daß du die Waffen ablegen und nie wieder in die Stadt gehen wirst, wo die Aufständischen sind. Es wird schon alles gut werden“:
Zoarn lächelte Gudrun liebevoll an. Er war froh, wenn auch leicht beschädigt wieder zuhause zu sein. Und sobald diese schrecklichen Kopfschmerzen nachgelassen haben würden, würde er wieder bereit sein, sich Gedanken um eine sinnvolle Zukunft zu machen – eine Zukunft ohne die dunklen Bräuche und Machenschaften und diese grausame Religion, welche die Eindringlinge mitgebracht hatten.
Kommentare
Ein Glück, dass heut so was nicht mehr passiert!
(Denn wir sind toll - zivilisiert ...)
LG Axel
da bin ich auch sehr froh! :-))))
L Alf