Auftragsabschluss

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von Daniel G. Spieker

Ich wartete vor dem Lokal einige Momente, ordnete mich. Dieses Jahr noch, sagte ich mir. Es war nicht die Angst, es war einfach der Stress. Ich hatte weder bei meinem ersten, noch bei sonst einem Auftrag Angst gehabt - einfach immer Stress, Stress, Stress. Zeitfenster, die eingehalten werden mussten, irgendwelche Extrawünsche, und, und, und. Kontrolle über Situation war alles - aber bedeutete eben auch viel Planung. Wie auch immer. Ich fasste mich und drückte die Klinke herunter. Seit Wochen traf ich mich mit Lars in diesem Lokal. Erst wollte er ganz harmlose Dinge und dann kam ich zu dem eigentlichen Part meiner Arbeit. Mord.
Ich ging rein, setzte ein Lächeln auf und sah wie Lars leger halb saß, halb lag und mich beobachtete, wie ich hineinkam. Ich setzte mich zu ihm. Kurz darauf kam ein Kellner. "Möchten Sie nun bestellen?" "Ja", meinte Lars. "Was möchtest du?" "Rotwein." "Für mich auch." Es war wie ritualisiert. Der Kellner verschwand und Lars beugte sich vor. "Ist alles erledigt?" Ich nickte. "Ja." "Alles problemlos?" "Keine Probleme." Lars lächelte. "Wunderbar." Er reichte mir unter dem Tisch einen Umschlag. Ich zählte nicht nach. Das tat ich nie. Die Leute wussten, dass sie mich nicht verarschen konnten.
"Wie lang ist er schon ..." "2 Stunden ungefähr." "Wann denkst du, wird die Polizei aufmerksam werden?" "Bei ihm? Nächste Woche würde ich tippen." "So lang? Na ja ok bei ihm ist das nachvollziehbar." Der Kellner kam und brachte den Wein. "Dann lass uns feiern", meinte Lars und hob das Glas. Ich stieß mit ihm an. Kurz darauf sah er für einen Moment weg und ich schüttete blitzschnell etwas Pulver in sein Glas. Mehr als einen Augenblick brauchte ich nicht. Es war nicht das erste Mal, dass ein Auftrag so abgelaufen war. Der Betroffene bot plötzlich eine viel größere Summe und dann war eben der Auftraggeber dran. Ich sah wie Lars einen weiteren Schluck Wein nahm. In nicht einmal drei Minuten würde er einen Herzstillstand erleiden. Zeitfenster. Zeitfenster. Zeitfenster. Sobald ich die ersten Merkmale sehen würde, würde ich einen Grund vorschieben und verschwinden. Seitengasse, Feuerleiter, leere Wohnung. Drei Stunden ausharren, andere Kleidung. Alles war präpariert. Immer wenn ich mir klarmachte, dass alles geordnet war, wurde ich entspannter. Ich nahm noch einen Schluck Wein.
"Glaubst du, du hast alles perfekt geplant?", fragte Lars und lächelte. Was meinte er? Ich sah ihn nur an. "Ich weiß längst, dass du mich umbringen willst." Er lächelte noch breiter und stürzte dann das komplette Weinglas herunter. Entgeistert und verwirrt sah ich ihm dabei zu, wie er das Glas bis zum letzten Tropfen auskostete.
"Und jetzt kannst du nichts mehr dagegen tun."

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