Es war einmal ein Gesetz – das einzige zu seiner Zeit –,
und alles, was es aussagte, war „Ja“ und „Nein“. Das verstand jeder, und alle waren gleich vor diesem Gesetz.
Allerdings setzte sich bald die Ansicht durch, daß das Gesetz – das einzige zu jener Zeit – sich selbst ein Armutszeugnis ausstelle, wenn es sich, trotz der Vielfalt sprachlicher Ausdrucksmöglichkeiten, auch weiterhin nur der Worte Ja und Nein bediene.
Das war unerquicklich, zumal Aussagen darüber, ob nicht vielleicht doch dieser oder jener Mitmensch vor dem Gesetz gleicher sei als andere, auf der Grundlage dieses – des einzigen – Gesetzes nicht zu erlangen waren.
Das sollte sich erst ändern, als die Diener des Gesetzes auf die Wörtchen „Wenn“ und „Aber“ stießen und begannen, die trockenen und in ihrer Aussage unveränderbaren „Ja“ und „Nein“ ein wenig aufzupeppen.
Fortan waren sie nicht mehr Diener, sondern Beherrscher des Gesetzes und aller weiteren, die erlassen wurden.
Die Frage, wer nun um wie vieles gleicher ist vor den Gesetzen, hält seitdem unermeßliche Scharen von Damen und Herren in Lohn und Brot.
Kommentar
• Genug der Gesetze! Es ist nicht verboten, auf die Schloßtreppe zu scheißen, und trotzdem tut es niemand.
Johann Wolfgang von Goethe
• Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.
Matthäus 5, 37