Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten / 126

Bild von Alf Glocker
Bibliothek

126. Schritt

Auch als Nichtmitglied einer der „bewährten“ Glaubensgemeinschaften sollte es einem gelingen sinnvolle Unterscheidungen zwischen Gut und Böse treffen zu können. Ist das zu viel verlangt?

Unbedingt, denn was soll Gut und Böse sein? Da scheiden sich die (armen) Geister! Und wer gar einen hat, braucht für den Spott nicht sorgen! Der dreht sich ganz konfus im Kreise, weil er das Gute in den Menschen nicht versteht, die da um wahre Werte ringen.

So folge dem Gefühl! Der „Bauch“ wird dir schon sagen, was dir der Kopf verschweigt, doch welcher Bauch verdaut schon wirklich gut – und wie nur waren seine Speisen? Hat er den Speck gefressen, mit dem man Kirchenmäuse fängt? Versucht er, voll davon, den rechten Weg zu finden? Auf was kommt’s an – auf „edle“ Biederkeit?

Orientierungshilfen werden gebraucht… Oder eben nicht? Soll jeder nur gewissenhaft entscheiden? Und wenn er kein Gewissen hat und nichts von diesem Umstand weiß? Dann ist die Welt verloren! Der blaue Dunst wird nicht genügen, wenn sie, vom Untergang bedroht, in solchen Suren betet, die nur ein „guter“ Mensch versteht.

Dann macht’s die „Ehre“ aus, die’s zu bewahren gilt – anstelle des Gewissens! Dann reihen den die Regeln unauffällig ein, wo die Familien sich in Pflicht ergehen – und sich wohl ganz in diesem Sinn verstehen.
Da schreiben sich Gesetze fest, da mauert sich die Bildung um, mit einer Wehr aus Furcht und tumbem Treiben.

Doch niemand nennt die Furcht beim Namen, weil diese oft gesetzlos ist.
Wer kann – wer könnte nicht?! – der bleibt auf jenem festen Boden, der „realistisch“ aussieht und doch Nebel ist. In diesem Fall ist jedem anzuraten, zu sagen, „sieh, dort vorne die Erlösung“, und sieht er auch die Hand vor Augen nicht!

Man schlägt das Kreuz und sieht Vampire, wo sich die freie Unschuld tummelt. Und Fürsten treten auf den Plan, die alles sind, nur keine Hilfen! Und doch verspricht ihr falscher Schutz stets Rettungsparadiese.

Wozu, so denkt der Gute durch und durch, der Anseh’n hat und Gesten kann, die Ehrfurcht jedem abverlangen, soll ich als Helfer widersprechen, wo ich doch glücklich bin und eine Absicht habe – die Absicht, daß mein Licht gedeihe, das unter keinen Scheffel dort gestellt, wo strenge Kräfte walten.

Wir, und das sind selbstverständlich alle, wir packen’s an und warten nicht auf morgen, wenn es darum geht, uns diese Dienste zu erweisen, die man dort gerne sieht, wo niemand rebelliert. Es stört uns nicht, daß dabei der zu Schaden kommt, der alles nur zerstören will, was „Einfalt“ heißt und trotzdem leben will.

Da haben wir’s: Begriffe sind gefunden! Der Böse ist, wer es noch wagt, der Pflicht nicht zu genügen. Und gut ist demnach jeder, den ich, wie andere gute Menschen, auch dann verstehen kann, wenn er mir Schwieriges erklärt – weil sich’s um Dinge dreht, an die man einfach glauben muss!

Veröffentlicht / Quelle: 
Auf anderen Webseiten

Interne Verweise

Kommentare

11. Mai 2015

Der Zwang zum Glauben führt zum Schluss
Dazu - dass man dran glauben muss...

LG Axel

12. Mai 2015

Am Ende glaubt ein jeder dran,
ob Tier ob Mensch, ob Frau ob Mann...

LG Alf