Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten / 166

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von Alf Glocker

166. Schritt

Welke, welke Wasservogel! Wie viel Wissen weiß ein Wisch?! Achte auf den Jodelkogel, und dann falle unter’n Tisch! Dort wirst du die Wahrheit finden, die ja dorthin auch gehört, weil sie nur durch ihr Verschwinden niemanden mehr stört! Genau so singen die Engel mit den süßesten Stimmen der Wunderwelt.

Diese Wunderwelt ist die Welt der Träume. Angeregt durch die der Nacht gedeihen sie auch am Tag. Sie erleuchten die Gehirne als eine Art Pfingsten, das kontinuierlich zelebriert werden kann. Aber die Lebensform der Tagträumer lebt gefährlich, denn die Träume sind heiß! Sie fordern unsere ganze Aufmerksamkeit!

Aber woraus bestehen die Träume? Da sie eigene kleine Welten sind, wollen sie ernst genommen werden wie große. Im Karneval des Grauens, wie auch beim Tanz der Humor-Vampire sind sie erfüllt vom Goldglanz des Seins, in dessen Umhang sie zweitrangig erscheinen, wie Bastarde des Lichts! Sie stören uns viel zu selten!

Denn jeden Morgen haben wir sie einfach weggeben. Und weil sie keiner mehr haben will, lösen sie sich auf, im zweifelhaften Wohlgefallen realer Ereignisse, auf deren Rückseite die nächste Traumstaffel steht. Wir haben sie abonniert und konsumieren sie regelmäßig.

Von ihren Wolken verhangen, begeben wir uns aus dem Elend in ein anderes hinein, lachen aus dem Lachen heraus, bis hin zu krokodilechten Freudentränen und manchmal verbergen wir sie keusch in den Beichtstühlen der Lust, wo wir auf leidenschaftliche Partner hoffen. Gehen wir’s an!

Riesige Vogelbrüste beschützen die Pein, der wir ausgeliefert sind, angesichts irdischer Abhängigkeiten. Aus ihnen werden die Zusammenhänge gemacht, die verantwortlich dafür zeichnen, daß die Zeit nicht einfach nur so vergeht. Wolken treten aus dem Nichts! Klang- und Lichtwolken. Sie begleiten die Feuerwerke!

In den Bestimmungsreigen, gemacht aus Natur- und Kunstgesetzen, verglühen die Vorstellungen, die es geschafft haben uns länger zu begleiten als ein Märchen in der Nacht. Wirklichkeiten wollen geschaffen werden. Dafür sind wir als Darsteller erforderlich!

Und deshalb wächst in uns die Kraft der freien Interpretation. Wir blasen die Gedanken zu Irrlichtern auf, in den Bordellen der Revolution des Geistes. Wir denken voll Sehnsucht an alles was in uns ist! Denn wenn es uns gelingen soll die Wahrheit zu finden, dann brauchen wir vorher den süßesten Gesang der Engel aus der Wunderwelt aller Jodelkogel. Doch wenn wir ihn vernehmen sind wir gerettet!

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