Eine merkwürdige Begegnung im SB-Waschsalon - Page 2

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Na klar, noch in der Gesäßtasche der Jeans. Schnell fischte ich die Geldbörse heraus. Jetzt kaufte ich Waschpulver und Weichspüler. Nur zur Sicherheit beides doppelt. Ich gab es in meine Maschine. Nun startete ich, nachdem ich das Programm ausgewählt hatte, mit der Vorwäsche und dem Zusatz „starke Verschmutzung“. 90 ° musste, auch wenn die gute Greta Ernman Thunberg mich dafür jetzt hassen wird, sein.

„Sie haben also ein Problem mit Socken, der Herr?“ fragte ich unbefangen. Wieder würgte der Mann, tanzte mit seinen Krücken hin und her. „Das eigentliche (würg) Problem sind sicher nicht die (ächz) F.-Bekleidungen, bester Herr Nachbar. Das eigentliche Problem (röchel, würg) sind die Fü.... diese verdammten Fü...“ Ich sprang hilfreich ein. „Die Füße?“ Sofort erbrach sich der Mann. Ich konnte deutlich Zürcher Geschnetzeltes erkennen, eine meiner Leibspeisen. In diesem Zustand allerdings.... kann ich gut drauf verzichten.

„Sie können das F.-Wort nicht aussprechen, nein?“ Arg dankbar sah mich der Mann an. „In der Tat, exakt das bereitet mir die größten Schwierigkeiten... Erlauben Sie mir weiterhin, F. zu sagen, wenn ich die unteren Extremitäten meine, und stets S. für die F.-Bekleidung. Würde das gegebenenfalls konvenieren?“

„Ich habe damit kein Problem. Wann traten denn die ersten Schwierigkeiten auf, ich meine hinsichtlich der F. und der S., Herr... Herr...?“

„Ich darf mich zunächst vorstellen: Holger Böhnlein, Präses der hiesigen Bonifatius-Synode, Autounfall am vergangenen Montag. Stehe unter starken Drogen. Aber am Sonntag werde ich wieder die Heilige Messe lesen. Thema meiner Predigt wird sein: Der Speziesismus, nun, also die Unterdrückung einer Minderheit aufgrund eines Fehlglaubens, höherwertig oder deutlich besser zu sein. Als Beispiel bringe ich die Unterdrückung der Uiguren in China. Die werden in Internierungslager gesteckt und (dem Vernehmen nach) unmenschlich behandelt. Die muslimische Minderheit wird in Xinjiang der Gehirnwäsche unterzogen, „umerzogen“, gequält und in den Freiheiten entsetzlich eingeschränkt. Ist UNANNEHMBAR...“ Dieser Mensch nutzte den Ausdruck bereits zum zweiten Mal. Offensichtlich behagte ihm der Begriff. Ich, für mich, hatte diesen Ausdruck womöglich noch niemals zuvor in den Mund genommen. „Solange ich hier in diesem Etablissement zugegen bin, bitte ich mir aus, dass Sie, mein Herr, keine ihrer F.-Bekleidungen mehr einem Geruchstest unterziehen! Könnten wir das bitteschön deutlich festhalten, ja? Bei Nichtbefolgung müsste ich Sie mit der Krücke züchtigen!“ Ich versprach es dem Geistlichen. Er wirkte sehr einschüchternd, da er gleichzeitig die rechte Krücke hob und damit wackelte.

Es war ein wenig fröstelig geworden. In Unterhose und Unterhemd startete ich meine Maschine. Eine Stunde hatte ich jetzt Zeit. Der Präses reichte mir mit seiner Zange eine Decke. Dankbar nahm ich sie an und wickelte sie um meine Schultern. Sie verdeckte auch, leidlich, meine Blöße, bis fast zu den Waden. Eine etwas raue, aber doch sicher auch sehr wärmende Decke. Der Präses meinte: „Ich entschuldige mich zerknirscht für diese Mehrfach-Bebröckelung Ihrer Bekleidung, mein Herr. Bitte, verzeihen Sie mir!“ Da konnte ich ja gar nicht anders. Ich sprach: „Für die Unpässlichkeit können Sie ja meines Erachtens nichts. Das ist wie mit dem Heuschnupfen. Die Natur ist schuld. Und Ihre Natur ist es, recht allergisch auf F. und S. zu reagieren. Ich vergebe Ihnen mit allem Nachdruck!“ Der Mann schien sehr erfreut. „Vielen Dank. Mit wem habe ich denn das Vergnügen, guter Mann?“ Ich stellte mich vor: „Padiaménopé Ba Pallawatsch“. Der Präses war durchaus etwas verunsichert.

„Das ist Ihr Name? Wie exotisch!“ Ich meinte trocken: „In Kamerun wäre ein Heinz Müller ein Exot. Hier in Deutschland ist mein Name auf jeden Fall gewöhnungsbedürftig, sicher, das gebe ich zu. Aber so heiße ich nun einmal...“ Wir schwiegen eine Zeitlang. Dann meinte der Geistliche: „Die Hundedecke muss ich aber in Kürze zurück haben, die muss dringend gewaschen werden!“

Blitzschnell streifte ich sie vom Körper und reichte sie dem Mann. Sehr geschickt nahm er sie mit seiner Zange an und stopfte sie dann in die 4. Hernach startete er das Programm. Um die Wartezeit zu überbrücken, fragte ich ihn: „Herr Böhnlein, wie
machen Sie das denn mit der Wäsche? Ich meine die F.-Wäsche?“

Der Geistliche legte sofort die Stirn in Falten. Schon der Buchstabe F schien ihm arge Probleme zu bereiten. Er meinte mit rauer Stimme: „Das macht doch meine Frau immer. In einen Bottich kommt etwas Seifenlauge und heißes Wasser, hernach lese ich in der Bibel, um von dem amoralischen Tun dort unten nichts mitzubekommen, und meine Frau, die wäscht dann die unteren Extremitäten. Hernach trocknet sie die F. ab und zieht mir die S. an. So umgehe ich jedwede Peinlichkeit. Seit etlichen Jahren schon.“

„Sehr clever. Da spielt Ihre Gattin also Jesus - oder den Papst, je nachdem, wie man das sehen möchte. Aber sagen Sie bitte, wenn Sie mich mit der Krücke geschlagen hätten, wie beichteten Sie das denn später? Im Beichtstuhl?“ „Aber bester Herr Pallawatsch, das sind doch die anderen, die mit den Beichtstühlen. Mich kostet das 50 Vaterunser, kein Problem. Krückenkeile gibt es ja nicht täglich. Meine Wut würde sich nur an diesem Ort und zu dieser Zeit entladen, mein Zorn richtete sich ja ganz explizit nur gegen Sie, werter Herr Pallawatsch.“

"Und wie läuft das nun mit dem Beschneiden der F.-Nägel? Ich meine die... tja, nun... Z.-Nägel, Sie wissen schon..." "Auch das wird der werten Frau Gattin überantwortet. Und auch das hat bislang niemals Probleme bereitet. Und bevor Sie weiter fragen, auch Hornhautraspeln oder was auch immer mit den F. veranstaltet werden kann - macht alles meine liebreizende Gattin!" Es verstrich einige Zeit. Ich sinnierte vor mich hin.

Und meinte dann: „Würde sehr gerne wissen, wie die katholischen Priester beichten. Sind die dann allein im Beichtstuhl? Und auferlegen sich heftige Bußen?“

„Keine Ahnung, ich habe selten Kontakt zu katholischen Geistlichen. Ich gehe aber davon aus, dass die sich gegenseitig die Beichte abnehmen. Nur gut, dass es ein Beichtgeheimnis gibt...“ „Und das Anziehen der S., wenn Sie mal alleine zuhause sind? Wie soll das gehen?“ „Meine Gattin ist immer anwesend, wenn ich mich ankleide. Sie zieht mir die S. an. Und sollte sie tatsächlich einmal nicht da sein, ja, da müsste ich barfuß in die Schuhe steigen. Auch nicht weiter schlimm. Diesen Fall hat es aber wirklich noch nie gegeben.“

„Haben Sie denn daheim keine Waschmaschine?“ „Die ist seit fast einer Woche defekt!“

„Socken... äh, S.-Kauf?“ Gefährliches Würgen und Röcheln von nebenan. „Macht die Gattin!“ „Und Schuhe kaufen, geht das denn relativ problemfrei?“ „Habe seit jeher dieselbe Schuhgröße. Die kaufe ich immer gänzlich ohne jede Anprobe. Hat bislang niemals Probleme gegeben.“ „Na, ich sehe schon, Sie kommen ganz gut zurecht im Leben. Mit Ihrer S.-Zange und der Frau, großartig, das klappt ja famos. Nur gut, dass Sie kein Katholik sind...“ „Die haben doch ihre Haushälterinnen! Sehr vielfältig einsetzbar...“ „Richtig. Hatte ich vergessen. Zur Not kann auch ein Messdiener aushelfen. Aber, ganz ehrlich, Herr Böhnlein, einen solchen Fall, und ich muss betonen, einen solch extremen Fall von F.- und S.-Hass ist mir auch noch nicht untergekommen. Sie müssen ja F.-Pfleger, Pediküre und Massagen für die unteren Extremitäten abgrundtief hassen, stimmt ́s?“

Der Mann war während meiner Rede arg blass geworden. Wir beide wandelten auf einem schmalen Grat. Jederzeit konnte Böhnlein massiv ausbrechen. Und ich wusste ja, wie weit dieser Mensch kotzen konnte. Der Ätna war nichts dagegen. Ich war stark gefährdet, würde ich meine Terminologie nicht sensibel anzupassen wissen. 3 Personen gingen, 2 kamen. Und die hatten die Absicht, auf unserer Seite zu waschen. Etwas misstrauisch wurde ich beäugt. Sitzt dieser Mensch doch tatsächlich in Unterhemd und Unterhose vor seiner Maschine. Wie beknackt muss denn der wohl sein? Planung und Strategie ist alles... Und dieser Typ dort war sicherlich völlig planlos in den Münzwaschsalon gekommen. Ich erntete manch merkwürdigen Blick. Bei einem hob sich die linke Augenbraue bis fast zum Haaransatz. Mir war all das unendlich peinlich. So peinlich.

Die Nr. 2 und die 5 wurden befüllt. Man kaufte Pulver und Weichspüler. Schließlich, vor der Schließung der Waschmaschinen-Tür, griff der eine Mann, etwa 30 Jahre jung, nochmals hinein in den Wäscheberg und holte eine Socke heraus. Hernach die zweite, gleichfarbige. An beiden schnüffelte er nun, vom Geistlichen fassungslos bestaunt.

Eine Fontäne an Erbrochenem ergoss sich über den neu Hinzugekommenen. Dieser arme Mann musste leidvoll erfahren, dass es keine gute Idee ist, den Geruchstest in einem öffentlichen SB-Waschsalon durchzuführen. Vor allem dann nicht, wenn ein Präses anwesend ist, der mit Nachnamen Böhnlein heißt. Der Mann, ich will ihn hier einmal „Nr. 5“ nennen, war von Kopf bis Fuß bebröckelt worden. Ich erinnerte den Spruch „Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte!“ Und fragte mich, woher der Präses all das Zeug nahm, dass ihm in einer Tour aus dem Mund schoss.

Die Nr. 5 war sichtlich geschockt, aber auch sehr wütend. Um Würde bemüht, eilte der Geistliche sich, eine äußerst eloquente Entschuldigungsrede, wie von der Kanzel quasi, auf den grimmigen Mann von nebenan niederprasseln zu lassen. Es täte ihm ganz entsetzlich leid, er sei deshalb tief zerknirscht, könne seine Zerknirschung gar nicht in Worte fassen. Nr. 5 zog sich bis auf die Unterhose und das Unterhemd aus. Was blieb ihm auch übrig?? Nur gut, dass der Nachbar seine Maschine noch nicht gestartet hatte. Er packte all das bebröckelte Zeug in die Maschine und setzte sich neben mich.

„Auch bekotzt worden?“ „Yeah, Mann. Wir teilen das gleiche Schicksal. Wenn Sie Ähnliches vermeiden möchten, bitte, ich flehe Sie an, sprechen Sie nicht über Füße oder Socken. Tun Sie das bitte nicht...“ Wir hatten geflüstert, der Präses konnte uns zum Glück nicht hören, obschon er die Ohren spitzte.

„Ich sehe gern Crime-Dokus. Dort sieht man immer viele Füße. Ohne Ende Füße! Meist mit einem Zettel am großen Onkel. Ich bin nämlich Fußfetischist. Ich liebe Füße exorbitant...“

Er hatte das recht laut gesagt. Ich hatte ihn gewarnt. Der volle Strahl traf ihn nun. Hatte ich ihn gewarnt?? Ja, das hatte ich, dammich eins. Mehr ausziehen ging nicht mehr. Ergo musste der bekotzte arme Mensch nun ganze 45 Minuten da sitzen, stinkend und mit allerlei Unrat bekleckert (der Präses musste, meiner Meinung nach, unentwegt futtern oder doch wenigstens 7 - 8 Mahlzeiten am Tag zu sich nehmen; unglaublich, was der alles im Magen hatte), schlecht gelaunt und den Präses mit Blicken attackierend, die man durchweg als feindselig und hasserfüllt bezeichnen konnte. Dass er einen sehr hohen Geistlichen vor sich hatte, war ihm völlig egal. Er sah in diesem Präses nur einen kaputten Punk, der in einem SB-Waschsalon jeden bekotzt, der dreist genug ist, laut über Füße zu reden. Für die Nr. 5 erregend und wunderschön. Aaah, Frauenfüße. Für Herrn Präses Böhnlein das Peinlichste und Schrecklichste, was es nur geben konnte. So sind die Menschen, der eine liebt Lakritze, der andere kotzt sich aus dabei. Böhnlein würden wir, die Opfer, in gut 35 Minuten los sein. Hernach konnten wir durchatmen. Aber bis dahin: Spitz, pass auf! Gewisse Wörter und Themen sind streng verboten.Wir verabredeten flüsternd, nur noch von F. und S. zu sprechen. Das würde (vielleicht) weitere Bröckel-Fontänen verhindern helfen.

Die bange Frage war: Wer wischt all das Zeug wieder vom Boden auf? Gute 2 kg Gebröckel, vor der 5, vor der 3, ein wenig vor der 4, auf der Bank, neben der Bank. Entsetzlich. Ich wollte hier nicht den Putzdienst geben müssen kurz vor Mitternacht!

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