Eine merkwürdige Begegnung im SB-Waschsalon

Seiten

Die Stinkesocke

Ich hatte mich mit einem Rucksack voller Wäsche in den SB-Waschsalon in Erle begeben, Borgswiese 13. Ein heller, freundlich gestalteter Waschsalon mit etwa einem Dutzend Waschmaschinen, davon eine Big Mama (XXXL-Waschmaschine). Hinzu kamen etwa 10 Trockner und der obligatorische Automat. Er spie alles aus, was man so braucht: Waschpulver und Weichspüler. Ich fand die Preise letztlich zufriedenstellend, da konnte man nicht klagen. 6 kg L-Wäsche für 2,90 Euro, 8 kg kosten 3,90 Euro (XL Maschine), die XXL-Maschine kostet, für 14 kg, 6,90 Euro, und die Big Mama kostet (XXXL), für 27 kg Wäsche immerhin, 14,90 Euro. Günstig sind die Trockner: XL Trockner, 8 Minuten, 50 Cent. XXXL-Trockner, 8 Minuten, 1 Euro.

Die Maschinen wurden gut gewartet, der Raum wurde geputzt, alles war in einem bemerkenswert guten Zustand. Am Eingang ein Desinfektionsmittel in einer kleinen Flasche. Zutritt war nur mit Mund-Nasen-Schutz gestattet. Man hatte an wirklich so gut wie alles gedacht. Es gab nur leider keine Musik-Beschallung.

Anwesend waren 5 Personen. 7 Personen war die Höchstzahl, das stand draußen am Eingang. Ich hatte meine Schutzmaske übergestreift und strebte die Maschine Nr. 3 an. Seit jeher „meine Maschine“. Merkwürdigerweise war sie immer, wenn ich hier waschen wollte, frei. Äußerst seltsam.

Neben mir ein Mann um die 40, auf Krücken. Er hielt eine lange primitive Holzzange in der rechten Hand. Damit hantierte er an seiner Wäsche herum, die in einem Korb direkt vor ihm lag. Er begutachtete die jeweiligen Stücke und nahm sie dann mit der Zange hoch, um sie in die Maschine Nr. 4 zu geben. Ich wunderte mich ein wenig, war aber auch voller Bewunderung für diesen Herrn, der trotz der Krücken mit seiner rechten Hand die Zange sehr versiert bediente. Was ging es mich an? Ich wandte mich wieder der ureigentlichen Aufgabe zu.

Ich sortierte meine Wäsche. Ich hatte Unterwäsche, Handtücher, zwei Socken, Bettwäsche und ein Laken zu waschen. Gepflogenheiten sind sicherlich unsere intimste Blöße, vor allem in einem öffentlichen Waschsalon. Jeder kennt sie ja, diese Gepflogenheiten und Rituale, all die kleinen zwanghaften Spleens und Tics, die befremdend anmutenden Automatismen. Ich zum Beispiel pflegte an meinen Socken zu riechen, bevor ich sie der Maschine anvertraute.

Völlig ungeniert hielt ich eine der Socken hoch und schnüffelte intensiv daran. Der Herr neben mir würgte und röchelte stark, er rang nach Atem. „Wü-würden Sie das bitte lassen, Herr Nachbar!“ dröhnte es von der Maschine Nr. 4 herüber zu mir. „Es ist in höchstem Maße peinlich, amoralisch, unanständig und schlicht zu verurteilen. Ich bitte Sie freundlich, nicht an dieser So.... an dieser So.... (offensichtlich hatte er die größten Probleme, das Wort auszusprechen!) ...an diesem äh Strumpf zu riechen!“

Dabei stampfte er mit der rechten Krücke energisch auf dem gekachelten Boden auf. „Ist nicht hinnehmbar, Ihr Gebaren. Unannehmbar! Fremdschämen doppel-plus!!“ Ich staunte nicht schlecht. Weshalb echauffierte sich der Typ so? Ich schnüffelte doch nur an meiner Socke. Was sollte daran unannehmbar sein?? Na, jeder Mann schnüffelt doch, hin und wieder, an seinen getragenen Socken. Das ist so normal wie an der eigenen Achselhöhle zu riechen nach einem Waldlauf. Ich konnte nun daran absolut nichts Verwerfliches entdecken. Doch dieser Mann war hochrot angelaufen, und er schnaufte sehr bedenklich.

Nur, um ihn zu provozieren, nahm ich die Socke wieder hoch, ganz nahe an die Nase, und sog dann energisch das heftige Odeur ein. Ein bestialischer Gestank stieß mir in die Nase. Uijuijui, hier war aber eine Wäsche mit extrem viel Weichspüler vonnöten. Am besten mit Vorwäsche.

Der Nachbar jaulte kurz auf, beugte sich vor, riss sich die Maske vom Gesicht und übergab sich vielgestaltig auf mein Beinkleid rechts. Ich hielt immer noch die Socke hoch, schaute aber nach unten, auf meine arg bebröckelte Hose. „Ja aber, guter Mann, nun hören Sie mal, warum erbrechen Sie sich denn auf meine schöne neue Hose?“ „Ka-kann So... So... Strümpfe nicht ausstehen... Und Sie halten die S. auch noch hoch. Und, jömmich eins, Sie riechen sogar noch an diesem müffelnden Objekt... Das ist wirklich unerhört.“ Hatte der Mensch wirklich „S.“ zur Socke gesagt? Oder meinte er mit „S.“ vielleicht Strumpf? Wie auch immer, dieser Typ hatte definitiv ein Socken-Problem! Er verlagerte das Körpergewicht von der einen auf die andere Krücke. Es war ein richtiger kleiner Tanz, den er da aufführte. Wäre meine Hose nicht so böse bebröckelt worden, hätte mich der Stelzentanz erheitert. So aber...

Da auf dieser Seite der Waschmaschinen-Straße nur jener Krücken-Heini und ich zugange waren, entschloss ich mich zu einer frechen Nummer. Ich zog meine Hose rasch aus, bemerkte, dass auch ein Strumpf etwas abbekommen hatte, und warf beides in die Waschmaschine Nr. 3. Nun stand ich da, in Unterwäsche, mit nur einer Socke an, und starrte etwas hilflos auf den Krückenmann. Wieder hatte ich an der Socke gerochen. Und was passierte prompt? Genau, der Stelzen-Heini übergab sich. Ein klarer Fall von Kotzen im Strahl. Obschon ich gute 3 Meter entfernt von ihm bei einer Bank stand, erwischte mich der volle Strahl mit Wucht. Ich hatte noch nie einen Menschen so weit kotzen gesehen! Unfassbar das. Wow! Würgen und Spucken, Reihern und Speien, Übergeben und Röcheln, ein unfassbares Spektakel. Die weiteren Personen schien das nicht zu tangieren. Alle 4 hatten mit ihrer Wäsche respektive mit diesen gewaltigen Trocknern zu tun. War mir wirklich sehr recht. Da die aktiven Maschinen ein sehr lautes Spektakel veranstalteten, die Trockner kamen noch hinzu, hörte und sah keiner dies Drama. So sollte mich sowieso keiner sehen. Nicht einmal mein bester Freund.

Dieses Mal hatte mein Pullover etwas abbekommen. Ich zog ihn aus. Im Unterhemd und Unterhose stand ich da, an dem F. mit nur einer S. bekleidet, etwas belämmert und sehr ungehalten. Was speibt dieser Hirni denn in einer Tour? Und dann auch noch auf mich? Man kann sich schon mal erbrechen, sicher, schön und gut, aber dieser unsägliche Mensch erbricht sich ja andauernd... Und stets hatte er mich im Visier... Schön, dass ich die Maschine noch gar nicht in Gang gebracht hatte. Erst musste ja das Pulver und der Weichspüler gekauft werden. Mir fiel es sofort auf. In meiner Unterhose hatte ich das Portemonnaie nicht. Wo also ist es?

Seiten

Prosa in Kategorie: 
Thema / Klassifikation: