Eine Wochenendliebe 1978-2020 - Page 4

Bild zeigt Willi Grigor
von Willi Grigor

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schleicht ganz leise
konzentriert vorbei an mir.

Hummeln brummend Blüten finden,
die feucht noch sind vom Tau.
Spinnen ihre Netze binden,
man sieht´s nicht so genau.

Ein Jagdflugzeug zerreißt die Stille,
abrupt zerstörend die Idylle...
Ich stehe auf, ein bisschen träge,
zurück zum Holz, zur Motorsäge.

Wir schauen ihnen zu

Die Vögel, die am Bach oft stelzen,
tun dies bei uns am See.
Warum sie hier gern trippelnd stelzen?
Ich hab eine Idee:

Sie woll'n, dass ich den Rasen mähe!
Sie finden ihren Fraß
viel leichter - ich das gut verstehe -
im nicht zu hohen Gras.

Dann jagen sie in ihrem Reich,
wir lassen sie in Ruh.
Und ich tu's meiner Liebsten gleich:
Wir schauen ihnen zu.

Nachbarschaft in weiser Stille

Die rote Farbe scheint verblichen,
matt glänzt das schwarze Schieferdach.
Des Hauses Seele ist entwichen,
Erinnerung in mir wird wach.

Hier wohnte ein Geschwisterpaar,
ganz allein und ohne Kinder.
Ein alt geword´nes Bauernpaar,
zehn Hühner und zwei Rinder.

Ein kleiner Wald, ein Stückchen Land,
gab alles was sie brauchten.
Im Küchenraum ein Ofen stand,
in dem Brennholzscheite rauchten.

Sie lebten so wie´s früher war,
viel Arbeit, kaum Komfort.
Der Zustand war nicht unhaltbar,
doch er war kurz davor.

Wir, ein junges Ehepaar,
wurden ihre Nachbarn.
Wir sprachen mit dem Bauernpaar
über alles, Leben, Webgarn.

Für uns und unsre kleinen Kinder
war hier das Paradies.
Ein Zufluchtsort, nicht mehr nicht minder,
ein schöner überdies.

Fast zehn Jahre Landidylle
mit einem leisen Menschenpaar.
Nachbarschaft in weiser Stille,
Freude, dass es war wie´s war.

Sie waren Menschen, die man gerne
gute Nachbarn, Freunde nennt.
Wir glauben, etwas von Ferne,
sie hatten es, ein Happy End.

Ihr Haus steht leer seit vielen Jahren.
Die Farbe ist nicht ganz verblichen,
matt glänzt das alte Schieferdach.
Des Hauses Seele ist entwichen.

Ruheplatz für fließende Gewässer

Es gibt noch Plätze, wie sie alle einmal waren,
bevor der Mensch die Oberhand gewann,
- mit stillen Weiten ohne seine Scharen -
sein schriller Laut in jeden Winkel drang.

Den See, ein Ruheplatz für fließende Gewässer,
ein Hort für Lebendes, grad so wie ein Planet,
ein Wellenreich, in dem die Winde spielen,
das in der kalten Zeit zu totem Eis erstarrt.

Das Schilf am Rand, die scheuen Wassertiere,
im frühen Mai erscheinen sie aufs Neu.
Wer freudig schaut, begreift die Welt viel besser,
gern ahnungsvoll am stillen See verharrt.

Schattenspiel am Sommerabend

So kurz nach neun hab ich ein Ziel:
Das Sommerabend-Schattenspiel.

Wenn der Sonne letzte Strahlen
Bäume auf die Wiese malen,

zaubern Blätter Lichterblitze
in des Sommers Abendhitze.

Die letzte Wolke will verblassen,
Platz für Abendbläue lassen.

Nebelelfen zeigen Leben
und vom See mir Zeichen geben.

Der Bäume Schatten wird unendlich,
sie sterben langsam nun, letztendlich.

Die Sonne sinkt, doch stirbt sie nicht:
Sie gibt der Nacht ein Dimmerlicht.

Die Farbe aus dem Kunstwerk weicht,
das Spiel ist aus, das Ziel erreicht.

Sie heißt Birke - 2

Die Birke ist jetzt herbstentlaubt,
der Wind zieht an den Zweigen.
Er schüttelt ihr das kahle Haupt
und will es wieder zeigen,
dass er mit seiner großen Kraft,
kann Äste brechen, Schweigen,
dass Bäume sich, wie Dienerschaft,
ganz tief vor ihm verneigen.

Die Birke ist schon etwas morsch,
kein Schützer sie begleitet.
Der Sturmwind deshalb extra forsch,
fast spielend, mit ihr streitet.
Die Birke mit Besorgnis fühlt,
was Kummer ihr bereitet:
Der Wind mit ihrem Tode spielt,
wenn ihn der Teufel reitet.

Die Birke opfert Ast für Ast,
lässt Zwischenraum entstehen,
durch den ein starker Luftstrom passt
und Kräfte schwach verwehen.
Die Birke will, was Leben tut:
Nur kämpfend untergehen.
Sie kämpft und will, ganz absolut,
auch nächstes Jahr hier stehen.

Sie heißt Birke - 3

Sie ist jetzt alt, hat sich verändert,
doch schmückt sie sich noch jedes Jahr.
Die Äste scheinen schwarz gerändert,
viel Licht blickt durch ihr Blätterhaar.

Nicht mehr so stark sind ihre Äste,
ich weiß genau, bin informiert.
Ein paar von ihnen nur mehr Reste,
zwei habe ich ihr amputiert.

Als wir vor vierzig Jahr uns fanden,
war uns vor'm Altwerden nicht bang.
Wir hatten gleich uns gut verstanden,
ich liebte ihren Blättersang.

Sie war die schönste aller Birken,
ja, überhaupt der schönste Baum.
Nicht einer konnte das bewirken,
was sie bewirkte in mir, kaum.

Die Zeit läuft uns davon, uns beiden,
keinen Sinn es zu verhehlen.
Das Schicksal wird uns einmal scheiden,
dann wirst du mir und ich dir fehlen.

Birke und Tanne - 1

Ich liege im Schatten der beiden.
Es kann die Tann´ die Birk´ nicht leiden.

Die Tanne zu der Birke spricht:

"Frau Birke, ich verstehe nicht
Ihre Art und Ihr Getue,
Ihre arrogante Ruhe.
Man sieht ab Herbst Sie ohne Kleide,
für Tannen keine Augenweide.
Und im Frühling Sie sich putzen,
zu welchem Zwecke, welchem Nutzen?"

Die Birke schüttelt ihre Krone:

"Frau von Tanne ich betone,
ich stehe hier seit sechzig Jahr´,
die erste Zeit war wunderbar.
Dann hat Ihr Wald Sie ausgesetzt,
gleich neben mich, ich war entsetzt.
- Den Grund dazu will keiner nennen,
ich nehme an, dass Sie ihn kennen. -
Seitdem, ich werd es nie verzeihn,
schwelgen Sie in Stichelei´n.
Ich wünschte mir, es tut mir leid,
Sie trügen auch ein Birkenkleid.
Mich träfen dann, das Wesentliche,
nicht mehr ihre Nadelstiche."

Die Tanne eine Pause nimmt.
Sie stichelt weiter?

Ganz bestimmt!

Birke und Tanne - 2

Ich hatte einen schönen Traum:

Die Birke und der Tannenbaum
sprachen freundlich miteinander,
kamen gar nicht aneinander.
Das tun sie selten, kaum.

Sie waren wie zwei gute Freunde.
Nun gab es was, das sie vereinte,
sonst sie ja verfeindet sind.
Man wiegte sich im Sommerwind,
sprach sich aus und weinte.

Sie litten unter Einsamkeit,
vermissten diese Kleinigkeit:
Ihre Heimat, ihren Wald,
Andre Bäume, Jung und Alt.
Leider doch.., der Wald ist weit.

Sie weinten beide bitterlich.
(Ich wurd im Traum ganz unglücklich..)
"Wir müssen uns mit dem beglücken:
Der Menschen Rasenfläche schmücken..."

Ich wachte auf...
Sie meinten mich!

Sie kommen wieder

Bachstelzen sind es, sie gehören
zu unsren liebsten Sommergästen.
Sie stelzen nickend und betörend,
rasten selten auf den Ästen.

Manchmal ruhend sie verweilen
auf dem kleinen Steg am See,
doch dschi-wittend sie enteilen,
sollte ich ihn zu nahe gehn.

Ende Juni ist es soweit:
Die Jungen werden schlüpfen.
Die Eltern, futtersuchbereit,
dann schneller stelzen, hüpfen.

Im Herbst, wenn Winde kühler wehn,
sammeln alle sich am Steg.
Nach nur Tagen, wir werden sehn,
machen sie sich auf den Weg
zu ihrer Winterfutterstelle..

Sie kommen wieder, auf alle Fälle!

Sommertag an der Wiese

Froh vom Baum die Vögel singen,
wenn die ersten Strahlen leuchten,
Strahlen, die die Wärme bringen,
zwischen alle Gräser dringen
auf der Wiese, der noch feuchten.

Ihre Blumen nun erwachen,
zeigen wieder die Gesichter,
Blütenblätter freundlich lachen,
Freudenfeuer sie entfachen,
ihre farbenfrohe Lichter.

Und es kommen Tagesgäste,
die die bunte Wiese lieben,
ihre sommerlichen Feste,
alle speisen nur das Beste,
ganz nach Wunsch und nach Belieben.

Viele kriechen, andre fliegen
zu den Blumen, deren Blüten,
kehren heim und kommen wieder;
erst wenn Vögel Abendlieder
singen, sie ihr Bettchen hüten.

Sonntagmorgen

Der Tag entlässt
die Sternennacht,
Morgenstille
begrüßt das Rund.

Das Schilfrohr streckt sich.
Es ahnt die Bläue
hinter dem Nebelgrau
am Himmel.

Fäden, aus Tau gesponnen,
umarmen nasse Gräser,
bilden einen stehenden
Schweigemarsch.

Der Birke Blick glänzt feucht
am frühen Morgen,
noch hat kein Wind
das Laub bewegt.

Ein Blatt fällt kreisend
vom Baum hinab.
Es schimmert gelblich -
mir scheint, es lächelt.
Die Zeit verrinnt.

Der Nebel schwebt,
sich lösend, aufwärts.
Das Schilfrohr winkt
zu dem, was kommt:

Das Licht der Sonne,
das Licht des Lebens,
legt seinen Schleier
auf

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© Willi Grigor, 2021

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