Endspiel

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von Daniel G. Spieker

"Sie erwartet Sie schon", sagte Herr Wolters und sah Herrn Batata länger an. "Hoffentlich richten Sie das."

"Ich hoffe auch, natürlich", sagte Herr Batata und lächelte schwach. Herr Wolters führte Herrn Batata durch einen längeren Flur ins Hinterzimmer. An den Wänden hingen Kohlezeichnungen, skizzierte Fratzen von Leuten, die Herr Batata nicht kannte.

"Wie ist die Lage in Ferehna?"
"Genauso wie in Grettdorf, Rathwacht und hier." Herr Wolters gab ein grummelndes Geräusch von sich. "Wie kam sie hierher? Wie funktioniert das? Ihre Ankunft?"
"Das kann ich Ihnen nicht sagen."
"Sie wird diese Vergiftungen, diese Seuche beenden? Kann sie das?"
"Ja. Natürlich kann sie das." Sie gingen weiter, ohne ein Wort zu verlieren. Am Ende des Flurs war eine Tür. "Ich lasse Sie nun allein." Herr Batata wartete bis Herr Wolters außer Sichtweite war. Dann drückte er die Klinke herunter und betrat den Raum. Er war völlig leer, nur ein Tisch und zwei Stühle und ein Schachbrett mit Figuren. Warme Luft strömte aus einem geöffneten Fenster, wodurch auch Licht in den kleinen Raum fiel. Man konnte dadurch auf die Straße sehen. Es war ein sonniger Tag und ruhig in der Stadt.
Es fiel Herrn Batata schwer, das Alter der Frau zu schätzen. Sie hatte ein jugendliches Gesicht, aber einzelne graue Haare hoben sich deutlich von ihren sonst schwarzen Haaren ab.

"Hat man Ihnen die Regeln erklärt?", fragte sie mit ruhiger Stimme und fixierte ihn direkt. "Ich würde sie gerne noch einmal hören."
"Verständlich. Bitte. Bitte, setzen Sie sich." Herr Batata setzte sich und betrachtete die Figuren. "Wenn Sie gewinnen, beende ich diese Seuche und heile alle Kranken und hole auch die bisher Verschiedenen zurück." Er nickte. "Aber - immer wenn ich eine Figur schlage, wird es draußen schlimmer werden. Wenn Sie aufgeben oder wir Remis spielen, bleibt der Zustand so wie er ist, nachdem ich angefangen habe, Figuren zu schlagen. Wenn Sie verlieren, sterben Sie. Verstanden?"
"Ja." Herr Batata nickte noch einmal bekräftigend.
"Man erzählte mir, dass Sie der beste Spieler des Landes sein sollen."
"Die Leute reden gerne, aber danke. Wir sollten anfangen."
"Dann fangen wir an. Weiß oder schwarz?"
"Schwarz."
Sie zog auf E4, woraufhin Herr Batata auf D5 zog.
"Sie verlieren jetzt schon eine Figur. Sie spielen nicht vorsichtig."
"Spielstil ist Spielstil."
Sie runzelte die Stirn. "Ja - ja, das ist wahr." Sie schaute ihn eine Zeit lang nachdenklich an. "Sie wissen, dass noch nie jemand gegen mich gewonnen hat?", sagte sie, während sie den armen schwarzen Bauern vom Feld fegte.
"Das ist beachtlich", sagte Herr Batata. Von draußen verirrte sich ein kalter Luftzug. Herr Batata zitterte.
"Warten Sie, ich schließe das Fenster." Sie stand kurz auf und setzte sich wieder, nachdem sie das Fenster geschlossen hatte. In der Zwischenzeit hatte Herr Batata seinen Läufer auf E6 gezogen.
"Sie ziehen, während ich nicht hinschaue - das ist aber kein feiner Zug."
"Aber ein guter", sagte Batata. Der nächste Zug bestand darin, dass ihr Bauer den Läufer bezwang. Draußen hörte Herr Batata plötzlich aufgeregte Rufe.
"Es scheint Streit zu geben", sagte Herr Batata.
"Das ist der Lauf der Dinge."
Sie spielten weiter und er verlor Figur um Figur. "Ich verstehe Ihre Taktik nicht - Sie sind ein grausam schlechter Spieler. Wenn Sie der beste sind, will ich die anderen nicht kennenlernen." Herr Batata sagte nichts, sondern zog seinen Turm in die Laufbahn der Dame. Als dieser geschlagen wurde, sah Herr Batata durch das Fenster, wie ein Mann draußen einen anderen Mann so lange schlug, bis sein Gesicht nicht mehr als eine blutige undefinierbare Masse war.
"Keine Sorge, wir sind hier sicher. Wir sehen raus, aber sie nicht rein." Sie spielten weiter und wenig später verlor Herr Batata auch seinen zweiten Turm - draußen hatten sich mittlerweile weitere grausame Szenen abgespielt und einen Moment später wurde ein Kind mit einem Messer aufgeschlitzt. Herr Batata starrte lange in die Richtung. "Ich habe nicht ewig Zeit, lassen Sie uns weiterspielen", sagte die Frau. Als er noch ein Pferd verlor, sah sie ihn lange an und sagte dann. "Wollen Sie nicht aufgeben? Sie können hier nicht mehr gewinnen. Ich habe fast schon Mitleid." "Nein, nein." "Warum nicht?" "Ich will nicht gewinnen. Da draußen ist es noch nicht schlimm genug." "Wie meinen Sie das?" "Ich bin nicht der Mann, der hier auftauchen sollte. Der beste Schachspieler des Landes bin nicht ich." Sie verstand nicht. "Ich habe die Seuche verbreitet. Ich will sehen, wie dort draußen alles im Chaos untergeht. Unerträglich, vernichtend." Sie runzelte erst die Stirn, doch dann lächelte sie. "Ich verstehe. Nun, dann hätte ich ein Angebot für Sie - wir spielen so lange bis ich Sie im nächsten Zug matt setzen würde. Dort draußen herrscht dann der schlimmstmögliche Zustand. Wenn es soweit ist, sage ich Bescheid und Sie .. kommen davon." "Danke. Das wäre wirklich wunderbar", sagte Herr Batata und sah zu wie seine Dame geschlagen wurde.

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