Ich durchdenke Mittel-Erde

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von Heide Nöchel (noé)

Es gibt da ein Land, das seine Vermögenden pampert. Vielleicht, weil sie sonst abwandern könnten, um ihre Steuern in anderen Ländern zu sparen? Wie man so sagt: "Der Teufel sch ... immer auf den größten Haufen." (Warum kommt mir jetzt der Geldspeicher von Dagobert Duck in den nächtlich umnachteten Sinn?)

Diese duckschen Herr- und Damschaften bekommen von der Aufregung wahrscheinlich noch nicht einmal am Rande etwas mit. Und wenn, würden sie ebenso wahrscheinich so verständnislos reagieren wie eine ehemals aus Österreich stammende französische Königsfrau mit dem ihr in den Mund gelegten Spruch: "Sollen sie doch Kuchen essen ...!", als ihr erklärt wurde, dass das Volk aufbegehre, weil es kein Brot mehr habe. Was sie aber auch nicht vor der Guillotine rettete. Damals ging das noch. Oder das Volk war entsprechend sauer.

Aber ich glaube, das ist den Völkern in den letzten Jahren abtrainiert worden. Vielleicht sind ihnen auch nur die Reißzähne gezogen worden wie so mancher andere Zahn. Oder das viele weiche süße Brot der vollmundigen Versprechungen haben sie ihnen ab-faulen lassen ...?

Jedenfalls sind sie in der Resignation trainiert worden - die Leute des Volkes, nicht die des Geldes. Immer größer wurde das Übel ihnen ausgemalt, das sie erwarten würde, wenn sie nicht kuschen, immer größer, sodass sie dann schon froh waren, wenn es sooo schlimm dann doch nicht wurde. Im nächsten Schritt wieder eine zwei Meter hohe Mauer - die sich Gott-sei-Dank - dann doch nur als 1,79 m hoch erwies. Und immer so weiter. Auch dazu gehört schon strategisches Geschick. Und die Leute gewöhnen sich langsam an ihre Armut. Etwas weniger Rente? Solange es überhaupt noch eine gibt... Etwas weniger Jobs? Solange die Eltern noch einen Gemüsegarten haben ... Noch weniger Geld und keine Krankenversorgung mehr? Solange es noch Stricke gibt ...

Ein Referendum sollte Klarheit bringen.
Fragt sich nur, wem? Und vor allem: worüber?

Ein Nein wurde mit großen Lettern gefordert - hatten sich die Leader erwartet, dass es ein Ja würde? Und sie dann ihre Hände öffentlich in Unschuld waschen könnten? Denn, als das Volk wirklich deutlich mit Nein stimmte - mussten sie sehen, wie sie die Konsequenz eines Ja dem Volk jetzt noch verkaufen konnten. Es muss ihnen vorher schon klar gewesen sein, dass es ohne diese Konsequenz mit weitreichenderen Konsequenzen nicht gehen würde.

Denn sie brauchen Geld. Obwohl das de facto auch nichts mehr ändert, denn "pleite" sind sie schon lange - vom Buchhalterischen her gesehen. Weiteres Geld aber bekommen sie nur, wenn sie die verbliebenen weißen Zähne in saure Äpfel schlagen. In die sauren Äpfel der inzwischen sauer gewordenen Verhandlungspartner, die an sie als verlässliche Vertragspartner schon lange nicht mehr glauben können.
In ihrer hemdsärmeligen Krawattenlosigkeit haben sie nämlich übersehen, dass in der Liga, für die sie sich lustig beworben hatten, nicht mehr im Sand gespielt wird und mit dem Schippchen hauen ganz andere Folgen nach sich zieht.

Und trotzdem hauen sie immer noch mit dem Schippchen. Ist das die Verzweiflung des Frosches, der merkt, dass das Wasser unter ihm langsam anfängt zu brodeln? Einer der Frösche hat sich ja schon auf sein Motorrad geschwungen und ist der persönlichen Freiheit entgegengefahren. Das war für alle Beteiligten sicher eine kluge Entscheidung, jetzt darf er weiter in seinem eigenen Sand spielen. Der andere schmollt noch und trotzt und haut - wie gesagt - mit seinem Schippchen um sich.

Er musste versprechen, jetzt wirklich erwachsen zu werden, erwachsen und bereit, für seine Entscheidungen und Taten einzustehen, die volle Verantwortung zu übernehmen, ohne Rumgeeiere und Schuldabweisungen. Das gehört nun mal zum Erwachsenwerden dazu.
Aber auch Gras rupft man aus, wenn man daran zieht - es wächst dadurch nicht schneller.
Wie soll er das verantwortungsbewusst dem Volk erklären, in dessen Auftrag er als Breitmaulfrosch zu handeln hätte? Es ist nun mal etwas ganz anderes, mit lauter Stimme Heldensagen zu verkünden, auch wenn sie noch so schön klingen, als plötzlich die Erfahrung machen zu müssen, dass die Erwachsenen Erwachsenensprache sprechen, selbst, wenn sie damit auch nichts anderes als Märchen erzählen.

Jetzt gibt es ganz viele Leute, die genervt sind und sauer, dass diese Buben ihr Geschäftslatein immer noch nicht gelernt haben. Und auf der anderen Seite gibt es ganz, ganz viele Leute, die das gerne in die Sprache ihres täglichen Lebens übersetzt bekommen möchten. Und zwar am besten noch, bevor sie hungers gestorben sind.

Aber, was macht man, wenn man so ziemlich alleine ist und sich fürchtet und kein Wald da ist, in den man Pfeifen gehen kann? Man nimmt das Sandschippchen und haut um sich und zeigt dabei mit nacktem Zeigefinger auf angezogene Leute. Da muss man nur aufpassen, dass man nicht aus Versehen mal sich selber trifft mit dem Schippchen. Oder die Erwachsenen es einem wegnehmen.
Oder am Ende vielleicht sogar das eigene Volk?

© noé/2015 Alle Rechte bei der Autorin

(Bei mediterran bot sich Mittel-Erde regelrecht an ...)

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