Karl Krolow – Meine Gedichte

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Karl Krolow – Meine Gedichte
Es ist schwer, Karl Krolows Verse auf dem Punkt des Reimschemas zu lesen.
Um genau zu sein: Er schreibt sehr komplexe Gedanken, die er fast verwirrend einsetzt.
Nach der Lektüre des Buches „Meine Gedichte“ frage ich mich, wie lange Krolow von einer Strophe zur anderen dachte? Es kann sein, dass er seine Schreibmaschine für Tage ruhen ließ, bis er weiterschrieb. Wahnsinn, was er von Zeile zu Zeile sagte.
Zum Beispiel hier, bei dem „Lied um sein Vaterland zu vergessen“, die vierte Strophe:

In Spuk und Schwärze – Schattenland
Der Banden, schwer von Mord –
Vernehm ich DEUTSCHLAND. Unverwandt
Raunt’s alte herbe Wort
Das tote Wort, das sich entringt
Der Kehle, fieberkrank.
Mit süßen Jenseitsstimmen dringt
Es ein in den Gesang.

Also, hier sieht man den Kreuzreim, quasi 1 und 3 und 2 und 4, die sich reimen. Aber man kann es schwer rhythmisch lesen, da es störend ist, die riesigen Gedankenwelten zu resorbieren. Auch ein hartes Brechen von „Schattenland“ zu „Mord“ stört das rhythmische Lesen. Krolow machte sich hier auch um Vertreibung und Mord, Holocaust und Nationalsozialismus Gedanken. Seine Verse sprechen von Trauer und Nie-Vergessen. Krolow wählte selbst zu seinem 75. Geburtstag 1990 diese Sammlung aus, die bei Suhrkamp erschien. Krolow starb 1999 in Darmstadt. Was ihn besonders macht: Er war in der NS-Zeit bei der Hitlerjugend und war kein Jude, spricht aber auch deren Leid aus. Er veröffentlichte sogar in NS-Propagandazeitungen und wurde 1942 freier Shriftsteller. Dass er nach dem Faschismus weiter Fuß fasste, ist bewundernswert. Er erhielt sehr viele Anerkennungen und Preise und war einer der wichtigsten Nachkriegslyriker.

Wer sein Buch „Meine Gedichte“ lesen will: Es ist bei Suhrkamp erschienen und kostet 14 €.

Uwe Kraus