Sind so kleine Hände
winz'ge Finger dran.
Darf man nie drauf schlagen
die zerbrechen dann.
Sind so kleine Füße
mit so kleinen Zeh'n.
Darf man nie drauf treten
könn sie sonst nicht gehn.
Sind so kleine Ohren
scharf, und ihr erlaubt.
Darf man nie zerbrüllen
werden davon taub.
Sind so schöne Münder
sprechen alles aus.
Darf man nie verbieten
Kommt sonst nichts mehr raus.
Sind so klare Augen
die noch alles sehn.
Darf man nie verbinden
könn sie nichts verstehn.
Sind so kleine Seelen
offen und ganz frei.
Darf man niemals quälen
gehn kaputt dabei.
Ist son kleines Rückgrat
sieht man fast noch nicht.
Darf man niemals beugen
weil es sonst zerbricht.
Gerade, klare Menschen
wärn ein schönes Ziel.
Leute ohne Rückgrat
hab'n wir schon zu viel.
Mit freundlicher Genehmigung von Bettina Wegner
www.bettinawegner.de
Auf Wikipedia
Copy: Anarmusikverlag c/o Bettina Wegner.
Analyse
Einleitung
Das Lied Kinder von Bettina Wegner entstand in den 1970er Jahren und wurde zu einem zeitlosen Mahnmal für den Schutz der kindlichen Unversehrtheit. Es reflektiert die Verantwortung der Erwachsenen gegenüber Kindern und kritisiert gleichzeitig autoritäre Erziehungsmethoden, die die Entwicklung von Kindern negativ beeinflussen können. In diesem Werk verbindet Bettina Wegner eine klare, einfache Sprache mit einer tiefgreifenden Botschaft, die auch heute noch aktuell ist.
Hintergrund zum Lied
Bettina Wegner, geboren 1947 in Berlin, ist eine deutsche Liedermacherin, die sich mit ihrer Musik für Frieden, Gerechtigkeit und Menschlichkeit einsetzte. Das Lied Kinder stammt aus einer Zeit, in der die Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs und die autoritären Erziehungsmethoden der DDR vielfach kritisiert wurden. Wegner, die selbst in der DDR aufwuchs und aufgrund ihrer kritischen Haltung zu staatlichen Erziehungsmethoden und zur Repression gegenüber Andersdenkenden bekannt wurde, verarbeitet in diesem Lied eigene Erfahrungen und Beobachtungen.
Das Lied hat in Deutschland eine hohe Bekanntheit erlangt und wurde zu einem Symbol für gewaltfreie Erziehung und den Schutz von Kindern. Es fand nicht nur in linken politischen Kreisen Gehör, sondern wurde über gesellschaftliche Grenzen hinweg als ein Aufruf zu Empathie und Menschlichkeit verstanden.
Inhaltliche Analyse
Das Lied Kinder beschreibt in kurzen, strophenartigen Abschnitten die Verletzlichkeit von Kindern und die Verantwortung der Erwachsenen, sie zu schützen und zu fördern. Jeder Abschnitt stellt einen körperlichen oder seelischen Aspekt des Kindes dar, der durch unachtsames oder gewaltsames Verhalten zerstört werden kann.
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Die Hände und Finger:
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Die Hände symbolisieren die Handlungsfähigkeit und die Kreativität eines Kindes.
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Gewalt gegen diese Hände zerstört nicht nur die physische Unversehrtheit, sondern auch die Möglichkeit, die Welt aktiv zu gestalten.
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Die Füße und Zehen:
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Die Füße stehen für den eigenständigen Weg, den Kinder im Leben gehen müssen.
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Ein Hindernis oder Gewalt gegenüber diesem Aspekt nimmt ihnen die Fähigkeit zur Selbstbestimmung.
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Die Ohren:
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Die Ohren symbolisieren die Offenheit für die Welt und die Fähigkeit zuzuhören.
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Lautes Anschreien "zerbrüllt" diese Offenheit und kann dazu führen, dass Kinder die Welt nicht mehr verstehen.
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Die Münder:
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Die Münder stehen für die freie Meinungsäußerung und die Ehrlichkeit von Kindern.
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Verbote oder autoritäre Unterdrückung verhindern die freie Kommunikation und die Persönlichkeitsentwicklung.
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Die Augen:
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Klare Augen symbolisieren die unvoreingenommene Wahrnehmung der Welt.
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Werden diese "verbunden", verlieren Kinder ihre Fähigkeit, die Welt zu verstehen.
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Die Seelen:
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Die Seele ist ein zentrales Bild für die kindliche Unschuld und Offenheit.
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Seelische Gewalt oder Quälerei zerstört das innere Gleichgewicht und die Lebensfreude eines Kindes.
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Das Rückgrat:
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Das noch "kleine Rückgrat" steht für Charakterstärke und Selbstbewusstsein.
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Wird es gebeugt, bricht der Wille des Kindes, und es verliert seine Standhaftigkeit.
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Der Schluss:
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Bettina Wegner formuliert hier ihr Ideal: „Gerade, klare Menschen / wärn ein schönes Ziel“.
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Sie prangert die Existenz von Menschen ohne Rückgrat an und stellt diesen das Ideal von selbstbewussten, aufrechten Individuen gegenüber.
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Formale Analyse
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Sprache und Stil:
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Wegner verwendet eine klare, einfache und bildhafte Sprache, die direkt und ohne Umschweife zu Herzen geht.
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Der Text wirkt wie ein Gedicht oder Kinderlied, was seine Botschaft noch eindringlicher macht.
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Wiederholungen:
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Durch die wiederkehrende Struktur „Darf man nie…“ und „Sonst…“ wird der mahnende Charakter verstärkt.
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Die Wiederholungen unterstreichen die Ernsthaftigkeit der Aussagen und prägen sich leicht ein.
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Metaphorik:
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Körperteile wie Hände, Füße und Augen sind als Symbole für die kindliche Entwicklung und Freiheit zu verstehen.
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Das "kleine Rückgrat" wird zur Metapher für Selbstbewusstsein und Unbeugsamkeit.
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Rhythmus:
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Die kurzen, gereimten Zeilen und der regelmäßige Rhythmus geben dem Text eine melodische Struktur, die an Volkslieder erinnert.
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Interpretation
Das Lied Kinder ist ein eindringlicher Appell für eine gewaltfreie Erziehung und den respektvollen Umgang mit Kindern. Wegner stellt die Verletzlichkeit und Schutzbedürftigkeit von Kindern in den Mittelpunkt und warnt eindringlich vor den Konsequenzen von Gewalt, Unterdrückung und mangelndem Verständnis.
Die einfache Sprache macht das Lied universell verständlich und erreicht damit Menschen aus allen sozialen Schichten. Die Kritik richtet sich sowohl an individuelle Erziehungsmethoden als auch an gesellschaftliche Strukturen, die Kinder in ihrer freien Entwicklung behindern.
Aktualität
Auch heute hat das Lied nichts von seiner Aktualität verloren. In Zeiten von Debatten über Kinderrechte, psychische Gesundheit und gewaltfreie Erziehung erinnert Bettina Wegners Kinder an die Notwendigkeit, Kinder zu schützen und zu fördern, um eine Gesellschaft aus „geraden, klaren Menschen“ zu schaffen.
Schlussgedanken
Bettina Wegners Kinder ist ein zeitloses Plädoyer für den Schutz und die Freiheit der kindlichen Seele. Mit seiner klaren Sprache und starken Bildsprache berührt das Lied und ruft zur Reflexion auf. Es ist nicht nur ein Protest gegen Gewalt, sondern auch eine Vision für eine bessere, menschlichere Gesellschaft.