Letzter Tag - Page 2

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von Daniel G. Spieker

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den Rand der Halle gelegt. Peter strich sich durch die Haare und Jimmy kontrollierte seine Kleidung. Die anderen sahen umher, wirkten teilweise etwas ernüchtert, irgendwie hatte John erwartet, mehr lächelnde Gesichter zu sehen. „Eine Schande“, sagte Daniel. „Am letzten Tag.“ „Manchmal passiert eben sowas.“ „Sowas passiert? Bist du...“ Daniel war sichtlich wütend. „He, was...“ „Martin stirbt und du tust mit einem 'Sowas passiert' ab?“
John schluckte. Der Korb hatte mehr Schaden angerichtet, als er mitbekommen hatte. Martin war tot.
Bevor er etwas sagen konnte, öffnete sich schon die Tür und sie schritten zusammen hinein, durch einen Gang und kamen nach einer Biegung in ein Zimmer. Es war ein größerer Raum, der in ein warmes Licht getaucht war. Aus einer anderen Tür kam ein Wagen mit mehreren Tabletts, der von einer Frau geschoben wurde.
„Nehmen Sie sich bitte jeder ein Tablett. Morgen früh wird die Direktion sich bei Ihnen bedanken und Sie können Ihr neues Zuhause beziehen.“
Jeder nahm eines der Tabletts und ging damit zurück in die Halle, zum Vorraum, über den Fahrstuhl, in das eigene Zimmer. Man verabschiedete sich, sah schief lächelnd in die Zukunft, doch die Stimmung war noch immer gedrückt.
Im Zimmer nahm John den Deckel vom Tablett und sah sich an, was es alles gab. Es waren einige Leckereien, gutes Fleisch, wunderbare Beilagen, sogar etwas Apfelsaftschorle in einer kleinen Plastikflasche. Normalerweise gab es nur Brei in den Pausen. Während des Essens las er etwas in einem der Bücher, die er an dem Automaten unten gekauft hatte. Er hatte es schon so häufig gelesen, aber trotzdem las er es jedes Mal wieder. „Im Zwielicht“ von Manta Dada.
Das Essen machte ihn müde und er legte das Buch bald darauf zur Seite, schlief ein und vergaß alles.

„John! Aufwachen! Dein letzter Tag, gib nochmal alles! Dein letzter Tag!“, tönte es aus dem Lautsprecher und John wachte auf. Er lächelte, hörte draußen schon, dass sich Türen öffneten, wieder seine Kollegen. Ebenfalls ihr letzter Tag, dachte John, zog seine Arbeitskleidung an, ging nach draußen auf den Flur, schloss die Tür hinter sich und sah wie Daniel an seinem Schloss herumhantierte.
Die Gruppe ging zusammen zum Fahrstuhl, an den Bildern der versprochenen Häuser und den Bildern der Männer und Frauen der Direktion vorbei.
„Der letzte Tag“, sagte Trevor und lächelte dabei. „Der letzte Tag.“ Sie kamen am Ende des Ganges an und Derrick drückte auf den Fahrstuhlknopf. „Der letzte Tag. Gib noch einmal alles und bleib uns gut in Erinnerung!“, ertönte es aus dem Lautsprecher. John runzelte die Stirn, aber er verinnerlichte die Worte.
Die Fahrstuhltür öffnete sich und es quietschte unangenehm, als sie nach unten fuhren. „Müsste mal repariert werden“, sagte Trevor. „Nicht mehr unser Fall“, gab Peter zurück.
Unten angekommen holte sich John seine E&B-Zigaretten, während fast alle anderen schon vorgegangen waren. Nur Trevor entschied sich noch für ein Heft, als John schon aus der Tür heraustrat, durch den verglasten Gang, kurz innehielt und dann zu Samuel ging.
„Der letzte Tag!“, sagte John zu Samuel. „Ja, ja.“ Niedergeschlagen sah er hoch, wirkte verwirrt. „Ist alles ok?“ „Klar, natürlich“, gab Samuel stockend zurück und vermerkte auf einem Papier, dass John pünktlich erschienen war. „Bis später dann“, sagte John noch. „Bis später.“
An seinem Arbeitsplatz fiel John auf, dass er Martin bisher nicht gesehen hatte. War er krank? Am letzten Tag? Wie ihm das bisher nicht auffallen konnte... Es verwirrte ihn etwas, aber das hielt ihn nicht davon ab noch einmal alles zu geben.
Später gab es Mittagessen. Danach war noch etwas Pause. Mit der Schachtel verschwand John aus der Halle auf den Balkon.
Samuel stand schon dort und rauchte, etwas abseits saß Trevor und blätterte in einem der Tittenhefte. „Weißt du was mit Martin ist?“, fragte John und Samuel wollte direkt antworten, stockte aber dann. „Was hast du gesagt?“ „Weißt du was mit Martin ist?“ Er schien einen Moment lang zu überlegen. „Du wirst es eh später vergessen haben... und irgendwann muss ich es verdammt nochmal sagen“, sagte er und hatte seinen Ton gesenkt. Zusammen nahmen sie etwas Abstand von Trevor und John war mehr und mehr verwirrt. „Martin ist tot. Er wurde gestern von einem Förderkob in der Halle zerschlagen.“ „Gestern? Gestern war doch alles in Ordnung.“ „Du verstehst das nicht. Ich...“ Er wollte sich schon abwenden. „Samuel, was ist los?“ „Das ist eine scheiß Farce – wir machen seit Jahren den letzten Tag. Seit Jahren. Und jeden Abend vergessen wir.“
John sah Samuel verwirrt an. „Ist alles in Ordnung mit dir, was meinst du?“ „Ja, alles ist in Ordnung“, sagte er kopfschüttelnd und zog an seiner Zigarette. „Es gibt keinen letzten Tag, das hört nie auf.“ „Was ist mit Martin? Jetzt ehrlich.“ „Er ist tot. Er ist tot. Er ist tot. Er ist gestern gestorben.“ „Ich hab ihn doch gestern gesehen?“ „Das war vor Monaten, vielleicht vor Jahren.“ „Samuel... ist alles in Ordnung?“ „Es gibt keinen letzten Tag“, wiederholte er.
„Pause vorbei. Letzter Tag. Noch einmal alles geben!“, tönte es aus den Sprechanlagen. „Samuel, was ist los?“ „Morgen führen wir genau dasselbe Gespräch; das ist los.“ Er drückte die Zigarette aus und ging hinein.
John arbeitete weiter, etwas verwirrt, aber er wollte an seinem letzten Tag noch einmal alles geben. Samuel hatte vielleicht einen miesen Tag oder so etwas in der Art; er hatte wirres Zeug geredet.
„Kommen Sie alle bitte zum Nebeneingang. Ihre Schicht endet hier. Danke für Ihre großartige Arbeit.“
John lächelte, sah noch einmal über seinen Arbeitsplatz und verabschiedete sich innerlich. Einmal strich er noch über das kalte Metall, dann stand er auf und ging zum Nebeneingang, wo die anderen schon warteten.
Nach kurzer Zeit öffnete sich die Tür und sie schritten zusammen hinein, durch einen Gang und kamen nach einer Biegung in ein Zimmer.
Aus einer anderen Tür schob eine Frau einen Wagen hinein. „Nehmen Sie sich bitte jeder ein Tablett. Morgen früh wird die Direktion sich bei Ihnen bedanken und Sie können Ihr neues Zuhause beziehen.“
Jeder nahm eines der Tabletts und ging damit zurück in die Halle, zum Vorraum über den Fahrstuhl in das Zimmer, nachdem man sich verabschiedet hatte.
Im Zimmer nahm John den Deckel vom Tablett und sah sich an, was es

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