Nicht einmal Freundschaft

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von Anita Zöhrer

Zwischen dem Gebüsch versteckt beobachte ich die Villa, in der du wohnst. Ungern zeigst du dich jemanden. Dass ich dir doch einmal begegnet bin, war von dir nicht beabsichtigt gewesen.

Sofort wärst du weg, wenn du mich entdecken würdest, darum muss ich mir mit deinem Anblick aus der Ferne zufrieden geben. Nur wenig bekomme ich von dir durch die Fenster zu Gesicht.

Als sich der Tag dem Ende neigt, schleiche ich mich zu dir in die Villa. Ich kann nicht anders, muss dich auch aus der Nähe sehen. Im Schutze der Dunkelheit hoffe ich, dass du mich nicht bemerkst.

Von einem Raum begebe ich mich langsamen Schrittes zu dem nächsten. Hell leuchtest du mir entgegen, wippst in einem Schaukelstuhl und starrst ins Leere. Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass Geister so hübsch sein können wie du.

An der Tür bleibe ich stehen und spähe zu dir hinüber. Frage mich, was dich wohl gerade so sehr beschäftigt. Obwohl ich keinerlei Geräusch von mir gebe, erhebst du dich plötzlich aus deinem Stuhl und wendest dich erschrocken mir zu. Löst dich in Luft auf, ehe ich dir mein Eindringen erklären kann.

Mit lauter Stimme entschuldige ich mich bei dir und flehe dich an, zu mir zurückzukommen. Doch nicht einmal meine Freundschaft, die ich dir anbiete, willst du annehmen.

Unter Tränen der Enttäuschung verlasse ich die Villa. Sogar eine Begründung, warum du mich so dermaßen meidest, bleibst du mir schuldig. Aber denke nicht, das wäre es gewesen. Zurückkehren werde ich und mein Recht auf eine Chance einfordern. Und wenn es das Letzte ist, was ich tue.

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