Fünf kurze Gedichte über den Tod
Der Vogel sieht nicht glücklich aus,
ihm fehlt das linke Bein.
Das Federkleid ist ganz zerzaust.
Kann er fliegen? Nein!
Langsam geh ich ihm entgegen.
Warum, was kann ich tun?
Was er braucht ist Gottes Segen,
bis dahin nur noch ruhn.
Ich seh von nah und weiß Bescheid:
Die Augen nur noch Scherben.
Der Vogel hüpft, mit Schwierigkeit,
in den Busch, zum Sterben.
**
Ein Blümlein auf dem grünen Streifen
auf dem Wege, der zur Wiese führt,
ward totgefahren von dem Reifen
eines Wagens, der nichts sieht und spürt.
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Ein kleines Haus, versteckt, verfallen,
der junge Wald hat es verschluckt.
Das fünfte schon ich find von allen,
ich geh hinein, ein Rehlein guckt.
Der Zahn der Zeit war hier am Werke,
auf Dauer hält ihm gar nichts stand.
Zerstörend sein ist seine Stärke,
die Bretter riss er von der Wand.
Ich geh hinaus, dem Hell entgegen,
ein Lichtstrahl schmückt den Apfelbaum.
Ihn wird es eine Weile geben,
doch überleben wird er kaum.
**
Das Leben ist ein Kommen, Gehen,
dazwischen Blühen, Wachsen, Reifen.
Wir können spüren es und sehen,
doch niemals wirklich es begreifen.
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Das Schicksal trifft alles und jeden,
es führt ein trauriges Geschäft.
Nie trifft es Totes, nur das Leben,
so muss es sein, das ist gerecht.
© Willi Grigor, 2017
Natur
Kommentare
Wie das Schicksal mit aller Härte zulangen kann bei Tier, Pflanze und Mensch, wird in diesem Gedicht eindrucksvoll dargestellt. Und dennoch ist alles, wie es ist, gut. Sonst gäbe es keine Gerechtigkeit. Ein Text voller Weisheit. Ein tröstlicher Ausklang.
LG Monika
Besser als du es gemacht hast, kann man das, was ich mit meinem Text sagen wollte nicht zusammenfassen.
Danke, Monika.
Herzliche Grüße
Willi
... und wir können es niemals wirklich begreifen ... ein gutes weises Gedicht.
Marie grüßt dich herzlich.
Ich bedanke mich herzlich und grüße zurück.
Willi