Im Schlosspark: Theodor Storm,
in Stein gehauen.
Blickt mit gütigem Ernst
von seinem Sockel
auf Reisende herab,
die um Ostern herum
die Wege bevölkern;
denn die Wiesen
hinter dem alten Schloss
haben sich in violette Meere verwandelt.
Seht nur, die vielen Krokusse!
Einst von Mönchen gepflanzt -
wie die uralten Bäume neben
dem Schlossgraben.
Wer will, mag verweilen und
sich sattsehen an den
lila-weiß-gelben Teppichen.
Mich zieht es zur Neustadt hinaus,
wo man schon die raue Seeluft
schnuppern kann, die der Wind
vom Meer herüberträgt.
Schon schmecke ich Salz auf den Lippen,
und meine Nase wittert den Dunst
von den Fischkuttern am Hafen.
Die bronzene Tine, die stolze
Fischersfrau auf dem Marktplatzbrunnen
lockt aus der Ferne.
Aber da liegt schon die 'Kleine Wasserreihe'
vor mir und lädt mich ein:
'Komm doch ins Haus Nr. 31;
hier hat er gelebt und geschrieben,
der große Dichter der Stadt.'
Ach, das schlägt mir bereits der Lärm
des Hafenbetriebes entgegen,
mit seinen Barkassen und Kuttern,
seinen Fischbuden und Krabbenständen.
Vorbei an den hohen Silos, der Zollmeisterei.
Und das Ziel meiner Sehnsucht?
Noch liegt es verborgen
hinter dem Deich.
Erwartungsvoll nehm ich den Weg,
der auf seine Krone führt,
höre im Laufen schon
das Blöken der Schafe,
die Schreie der Möwen,
den leise plätschernden
Pulsschlag der Wellen.
Und dann liegt sie endlich vor mir,
die kleine Schwester des Atlantiks:
funkelt silbern unter der Sonne
bis hin zum Horizont;
heiter und bedächtig heute,
wie der Badegast sie im Sommer kennt.
Ich setze mich in die Stille der Deiche
und schaue aufs Meer hinaus,
dessen klaren Atem die Winde
weit in das Land hineintragen.
O wildes Nordseewasser:
Geschickt haben es die Menschen
in ihre Dienste gespannt.
Ach, ich möcht' nimmer fort von hier,
könnt' ewig verweilen in Gedanken an 'seinen Schimmelreiter,
und kann nicht umhin, das friesische Land ganz im Sinne
des großen Dichters zu sehn,
bis mich die Dämmerung
zum Aufbruch mahnt.
Den Weg zum Bahnhof - ich finde ihn noch allein:
Zehn Jahre war hier mein Zuhaus'
und länger als zehn Jahre her.
Leb' wohl, kleine Stadt am Meer!
Morgen schon, ach, schon morgen,
werde ich wieder ein Hochhausmensch
im Dickicht der Großstadt sein.